Oh, Gülsha!
Unser regionaler Televisions-Anbieter hat letzthin einige neue Sender aufgeschaltet, weshalb ich selbige neu ordnen musste, und beim Kanal Nummer 19 erschien Joiz. Das ist doch dieser Jugendsender, dachte ich, dieses MTV für die Schweiz, von dem das Bundesgericht entschied, dass er einen «besonderen Beitrag zur nationalen Medienlandschaft» leiste. Deshalb gönnte ich mir ein paar Minuten der Betrachtung. Eine junge Frau und ein junger Mann sassen auf Stühlen, machten den Mund auf und zu und gaben Geräusche von sich. Das klang ungefähr so: brabbelbrabbelbrabbelsogeilbrabbelbrabbelvollmegabrabbel und so weiter. Dann kam «de heissischti Scheiss vom Tag», so sagt man dem jetzt, wenn man kompetent wirken will, präsentiert von Gülsha Adilji, und da fiel mir wieder ein, dass ich von ebendieser Gülsha gelesen hatte, sie sei der neue Superstar des moderierten Fernsehens. Gülsha also mit dem heissesten Scheiss des Tages, «megahammerbrabbelbrabbel», flankiert von Co-Moderator Julian. Sie werden mir das kaum glauben, aber ich zitiere diese Passage wörtlich:
Julian: «Tommy Vercetti und Dezmond Dez hönd zämegschpannt, und zäme sind sie jetz Glanton Gang. Und Glanton Gang hesch du röscherschiert, was das isch.» (wendet sich an Gülsha)
Gülsha: «Im Fall ich bi nöd ganz genau druus cho, Glanton Gang isch eigentlich so e Gang wo nöd so toll isch. Sie hend so während, äh, 1800 schiessmichtod hend sie nöd so cooli Sache gmacht und so.» (Wobei nicht ganz klar war, ob sie «scheiss mich tot» oder «schiess mich tot» brabbelte.)
Julian: «Mexikaner skalpiert.»
Gülsha: «Ja, irgendwie so.»
Ich dachte zuerst, der neue Superstar des moderierten Fernsehens mache Witze. Aber Gülsha meinte das todernst. Diese grauenhaft hirnlose Dummheits-Offenbarung nannten die beiden dann auch noch Recherche. Wir werden zwar überschwemmt mit Dummbatzen-Sendungen vom Bachelor über das Dschungelcamp bis zum ledigen Bauer, aber darf man sich als Moderatorin eines «besonderen Beitrags zur nationalen Medienlandschaft» ungestraft als dermassen dummes Geschöpf outen? O Herr, schmeiss Hirn vom Himmel!
Ich hab mich dann im Netz schlau gemacht, und es dauerte keine fünf Minuten, bis ich über John Glanton und den Vigilantismus informiert war.
Darum, liebe Gülsha: Wenn du deinen Beruf ernst nehmen willst, solltest du wissen, dass Recherche wichtiger ist als rote Lippen und treudoofer Blick. Auch wenn die Recherche fünf Minuten deiner Arbeitszeit in Anspruch nimmt. Und an dich, lieber Julian: Tommy Vercetti und Dezmond Dez nennen nicht sich selber Glanton Gang, so heisst ihr neues Album!
Also, ihr lieben beiden: Ich werde euch weder todschiessen noch todscheissen. Ich habe ganz einfach in den Einstellungen «diesen Sender überspringen» markiert.
Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass Bono Vox verboten werden sollte.
TRACKS 1 14 (Januar/Februar 2014)
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