AMORPHIS @ Komplex 457 – Zurich

26.10.2023 AMORPHIS + Sólstafir + Lost Society

Es ist Herbst, die Nächte werden immer länger und man spürt bereits die Anfänge, der uns blühenden Kälte. Was wäre da besser als drei Bands aus dem Norden? Amorphis mit Sólstafir und Lost Society spielten am Donnerstag und läuteten den Winter schon etwas ein. Der Komplex 457 war voll von Gestallten in Schwarz, die es kaum erwarten konnten, ihre Lieblingsbands anzufeuern. Das Konzert war ein voller Erfolg, was man dem Publikum auch anmerkte. Hier meine Eindrücke.

Lost Society

Ein sirenenartiges Geräusch spitzte sich langsam zu, die Menge jubelte, es war stockdunkel, Strobolicher leuchteten auf und Last Society legte los. Die Mitglieder der Band trugen allesamt T-Shirts mit ihrem Bandlogo. Ausser dem Frontmann, der trug ein Misfits Shirt. Sie spielten emotionale Musik, die sie mit thrashigen Riffs verbanden. Der Gesang war vor allem clean, dafür umso kraftvoller. Samy Elbanna, der Sänger, versuchte schon früh in ihrem Auftritt das Publikum zum Mitschreien zu bewegen. Allerdings war es dafür wohl noch etwas zu früh am Abend.

Dies war ihr letzter Auftritt ihrer Tour und sie gingen bis ans Äusserste. Der Bassist, Mirko Lehtinen, sang die Backing Vocals, schrie aber auch ohne Mikrofon oft die Texte mit. Bei einem besonders coolen Riff, der schon fast an ein Solo grenzte, hielten die beiden Gitarristen ihre Gitarren senkrecht nebeneinander und begeisterten die Menge. Das Mixing war leider nicht so gelungen. Die Snare war viel zu laut und übertönte oft die anderen Instrumente. Wenn man die Gitarren aber einmal hörte, überzeugten sie mit erbarmungslosen Riffs.

Sólstafir

Die Dunkelheit wurde durch heidnisch klingende Instrumente durchbrochen. Langsam wurde der Bass intensiver und die Band betrat die Bühne. Das Publikum konnte es kaum erwarten. Aus allen Himmelsrichtungen waren Schreie zu hören und der Raum war gefüllt mit Händen, welche die Hörner zeigten. Sæþór M. Sæþórsson und Svavar Austman trugen Hüte. Alle waren in schwarz gekleidet. Durch den vielen Rauch und das düstere blaue Licht wirkten die Gestalten schemenhaft, was perfekt zu ihrer atmosphärischen und mysteriösen Musik passte. Aðalbjörn Tryggvason vereinnahmte den Raum ohne grosse Mühe mit seiner Stimme, die tiefen Schmerz und Trauer ausdrückte. Immer wieder begeisterte die Harmonie der Vocals mit den verzerrten Gitarren. Beim Mixing war der Gesang leider nicht ganz so prominent, wie ich mir das gewünscht hätte, dafür waren die melodiösen Passagen sehr gut gemischt. Allerdings waren bei den härteren Abschnitten die Drums fast schon zu laut. Die Band war sehr zurückhaltend und zauberte so ein ominös wirkendes Auftreten. Nur der Bassist war mit vollem Körpereinsatz dabei.

Bei besonders kaltherzigen Riffs peinigte der Sänger mit gebücktem Rücken seine Gitarre bei besonders kaltherzigen Riffs. Wie üblich gestikulierte Aðalbjörn Tryggvason mit seinen Händen, während er die melancholischen Texte sang. Währenddessen starrte er oft in die Ferne und wirkte auf eine romantische Art und Weise etwas apathisch. Manchmal schnitt er auch Grimassen ins Publikum oder winkte einzelnen Besuchern zu. Es ist für mich ein Wunder, wie er sich auf so eine ruhige Art und Weise so stark im Vordergrund präsentieren kann. Bei Teilen des Auftritts, bei welchen er sich die Seele aus dem Leib schrie, war dies ja nicht weiter verwunderlich. Doch er schafft es während des ganzen Auftrittes seine Position zu halten. Es ist einfach deutlich, dass er mit Leib und Seele dabei ist und ihm seine Musik wirklich viel bedeutet.

Etwa in der Hälfte ihres Auftrittes stellte er die Band vor und erzählte wieder einmal den klassischen Witz, dass Svavar Austman zum vierten Mal in Folge, als “the sexiest man of Iceland” auserwählt worden war. Danach animierte er das Publikum dazu, so laut wie nur möglich zu schreien. Dies war die einzige Interaktion mit dem Publikum, allerdings war mehr auch gar nicht nötig. Die Gäste waren voll und ganz auf ihrer Seite und genossen einfach die Musik. Dafür war der Sänger oft so nahe wie möglich beim Publikum, um die Bindung noch weiter zu stärken. Nach ihrem Auftritt verneigte sie die Band und applaudierte mit. Als dann die Lichter wieder angingen, musste man sich, wie nach einer Meditation, wieder in der Realität zurechtfinden.

Amorphis

Es herrschte Dunkelheit. Die Zuschauer konnten es kaum erwarten und schrien so laut, wie sie nur konnten. Ein Playback, das Drums spielte, ertönte. Dann begann ein Chor zu singen und die Band betrat die Bühne. Das laute Getose des Publikums verschmolzt mit dem Chor und Amorphis legte los. Zu blauem und rotem Licht spielten sie einen melodiösen Riff.

Das Mixing beim Hauptact war hervorragend und alles war glasklar zu hören. Die Vocals waren im Vordergrund. Dennoch waren alle Finessen deutlich zu hören. So konnte man die Musik wahrlich geniessen und der facettenreiche Death Metal begeisterte die Menge. Auf der Bühne waren fünf senkrechte Bildschirme, auf welchen Dinge wie Feuer und Wasser zu sehen waren. Sie bescherten dem Auftritt etwas Theatralisches. Nicht, dass die Band dies nötig gehabt hätten, denn sie überzeugten allein mit ihrer Bühnenpräsenz schon mehr als genug. Die Lichtshow war sehr gelungen. Oft gab es mildes, blaues Licht zu den eher sinnlichen Passagen mit cleanem Gesang und aggressives, rotes Licht, wenn es so richtig los ging.

Auf ein “Let’s go crazy Zurich” erbebte die Menge und der extrem lange Schrei von Tomi Joutsen, der darauf folgte, war die Krönung. Man merkte schnell, dass es der Band Spass macht, miteinander zu spielen. Immer wieder standen sich die Mitglieder gegenüber, aber die stärkste Bühnenpräsenz hatte klar der Sänger, ein wahres Powerhouse.

Als sie “The Moon” spielten, wurde es nach dem Intro leise, dafür klatschte das Publikum begeistert mit. Während dieses Spektakels waren Vögel auf den Bildschirmen zu sehen. Dann begannen die Lichter zu flackern und das typische Growling von Tomi ertönte.

Tomi Joutsen stand oft in der Mitte der Bühne mit ausgestreckten Armen, in seiner Rechten den Mikrophonständer. Aber er liess auch seine Kammeraden zu gegebenen Zeiten einen Platz im Rampenlicht.

Schon fast passend zur Jahreszeit spielten sie “Black Winter Day”. Später kam dann Stimmungstechnisch ein Bruch und die Lichter schienen in warmen orangen Ton, während sie “Wrong Direction” spielten. Dazu war Feuer auf den Bildschirmen zu sehen. Zu der eher sinnlichen Melodie des Keyboards schloss der Sänger seine Augen. Es war schön zu sehen, wie die Band auch nach all den Jahren ihre Musik immer noch genoss.

Zu den epischen Folkpassagen feuerte das Publikum die Band mit ihren Fäusten an, während Tomi Joutsen die Menge mit seinen Händen im Takt der Drums dirigierte. Die Übergänge von den sanften Interludes zu den harten Death Metal Abschnitte gelingt Amorphis auch Live, daran besteht kein Zweifel. Das fiel mir besonders beim Track “Seven Roads Come Toghether”, bei welchem die clean gesungenen Teile immer direkt auf Growling folgen. Ausserdem wurde das kurze Solo des Titels sehr sauber gespielt, während auf den Bildschirmen keltische Muster zu sehen waren, welche perfekt zur Folkstimmung passten.

Bei “House of Sleep” hielt der Sänger das Mikrophon samt Ständer in das Publikum und die Menge sang beherzt mit. Nach diesem Titel verliess die Band die Bühne und die Zuschauer forderten eine Zugabe. Diese erhielten sie auch. Zum krönenden Abschluss spielte die Band noch ihren Hit “The Bee”. Die Meute gab nochmals alles und explodierte förmlich.

Alles in allem waren es sehr gelungene Auftritte von den Finnen. Alle drei Bands bewiesen wahres Können, in dem sie wunderschöne Emotionen mit steinharten Riffs verbanden. Ihre Bühnenpräsenzen und die Kommunikation mit dem Publikum waren hervorragend. Genau so sollten Metalauftritte sein.

Review: Erik
Photos: Andy

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