PAUL McCARTNEY Egypt Station 

PAUL McCARTNEY 
Egypt Station 
Universal Music

hef. Einen Monat vor dem Release der Anniversary Edition des “White Album” der Beatles veröffentlichte das überlebende Mastermind der Fab Four ebenfalls ein neues Werk. Ein neues Album des reichsten Popstars der Welt ist immer ein Ereignis. Nur: Wie gut ist der Mann noch, der mit den Beatles Musikgeschichte schrieb und dessen Song „Yesterday“ mit über 1500 aufgenommenen Coverversionen die Rekorde purzeln liess? Ehrlich gesagt brauchte es ein paar Anläufe, bis ich mich mit dem 25. Solowerk des mittlerweile 76-jährigen so richtig anfreunden konnte. Das kann es doch nicht gewesen sein, so das Gefühl beim ersten Hören. Mein alter Trick wirkte dann doch: Ab ins Auto mit dem Album und Anhören und nochmals Anhören. Es dauerte nicht lange, und die Songs wurden Freunde. Und bei lautem Hören entwickeln sie sogar eine unglaubliche Wucht. Nach dem kurzen Intro-Song geht’s mit “I Don’t Know” und “Come On To Me” gleich deftig und so richtig pop-rockig zur Sache. Und zwar wegen Paul selber, der sich gesanglich voll ins Zeug legt und sich selber so richtig Druck macht. “Happy With You” folgt im selben Groove; die Up-tempo-Ballade fährt durch den sehr persönlichen Text voll ein. Das muss Liebe sein, das den einstigen Witwer von Linda – nach dem Flop mit der zweiten Ehefrau Heather – wieder heiraten liess. Eine wunderschöne Liebeserklärung an seine Frau Nancy, mit der er das grosse Glück doch noch gefunden zu haben scheint. Dazu diese ultimativen Molltöne dazwischen, die Gefühle noch besser hörbar machen. Dazu diese Ehrlichkeit, wenn er singt: “Ich bin tagelang nur rumgesessen und wollte mich zudröhnen (“liked to get stoned”…). Ich habe oft  meine Zeit verschwendet, aber diese Zeiten sind vorbei; ich bin happy mit Dir.” So simpel, so schön wie das zarte „Hand In Hand“. Sir Paul McCartney überzeugt mit seinem abwechslungsreichen Song-Mix von A bis Z, kein Hänger-Song, der den Schwung bremst. Man möchte die CD gar nicht mehr aus dem Player im Auto nehmen, denn immer wieder entdeckt man neue Feinheiten in den traumhaften Popsongs, diese elektronischen Spielereien in „Dominoes“ etwa, die aufhorchen lassen. Ist das ein Instrument oder ein technischer Trick? Aufgenommen wurde die Scheibe in England und Kalifornien zusammen mit Co-Produzent Greg Kurstin, der durch seine Arbeit mit den Foo Fighters und Adele sehr bekannt ist. In „Ceasar Rock“ merkt man erst McCartneys Alter. Seine einst gläserbrechende Shouterstimme wird hier an die Grenze getrieben. Aber die hohen Töne sind noch immer da, wenn auch etwas durchgerüttelt. Deshalb passt zum Schluss eine Textzeile perfekt zu dieser Stimmenkritik. „Those who shout the loudest will not always be the smartest. But they have their proudest moments right before the fall.“ Auf dieses Album kann der ewig junge Ex-Beatle auf jeden Fall stolz sein. Es wird hoffentlich NICHT sein letztes sein…

H. Elias Fröhlich

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