ANTI-FLAG
American Fall
Spinefarm/Universal
- Sarkastisch ausgedrückt sind es ganz ausgezeichnete Zeiten für Anti-Flag: Nachdem sie in den letzten Jahren vergleichsweise wenig am amtierenden US-Präsidenten auszusetzen hatten, spielt ihnen die immer noch schwer zu glaubende Wahl des aktuellen Präsidentendisasters doch wieder vortrefflich in die Karten. Ihr neues Album haben sie deswegen nicht zufällig „American Fall“ genannt – die indirekte Fortführung von „American Spring“, auf dem die US-Punk-Institution noch eine Art arabischen Frühling in Amerika heraufbeschwören wollte. Ging gründlich schief, um es mal euphemistisch auszudrücken. Aber genau deswegen klingen Anti-Flag so bissig, so explosiv und so dringlich wie schon lang nicht mehr. Über 20 Jahre nach ihrem Debüt „Die For The Government“ schütteln sich Sänger und Gitarrist Justin Sane und seine Compadres einen hitzigen, schnellen und melodischen Punk-Kracher nach dem anderen aus dem Ärmel, rechnen sie in gewohnt scharfem Ton mit einem Amerika ab, das nicht das ihre ist. Dafür bedienen sie sich nicht bei Hass oder Zorn – oder zumindest deutlich weniger als sonst. Sie appellieren an die Leute, Toleranz, Respekt und Liebe zu zeigen, und feuern sie mit ihren Hymnen an, nicht dem Stumpfsinn und der Gleichgültigkeit zu verfallen. Individuell zu bleiben, offen und bunt. Man mag sagen, dass das mittlerweile antiquiert ist, ein alter Hut regelrecht. Es ist aber tragischerweise wichtiger denn je.
