COLDPLAY Live 2012

COLDPLAY Live 2012

COLDPLAY
Live 2012
Capitol

pc. Immerhin wird dem frenetischen jubelnden Publikum auf der jüngsten Liveaufnahme von Coldplay (aufgenommen in Madrid, Paris, Los Angeles, Montreal und amGlastonbury Festival) am Anfang immerhin fast eine ganze Minute eingeräumt, bis der erste Song „Hurts Like Heaven“ aus dem letzten Album MyloXyloto erklingt. Doch schon nach wenigen Sekunden wird der Publikum gänzlich ausgeblendet. Und auch wenn das Publikum ab und zu wieder für ein paar Sekunden zur Musik gemischt wird, es mach das Dilemma dieser Band überdeutlich. Der Hang zur Perfektion wird zur Hypothek. Die Liveshow gleicht einer soliden Studiosession. Mit spontanen oder unvorhergesehenen Momenten hat das nichts mehr zu tun. Das Publikum johlt dazwischen, wo es den Produzenten genehm war (z.B. wenn es den Refrain von „In My Play“ mitsingen darf). Ansonsten aber wird man den Verdacht nicht los, dass hier alles von A-Z durchgeplant und nachbearbeitet wurde. Nungut, das könnte man noch einigermassen wegstecken. Unverständlich aber bleibt, warum sämtliche Song ausnahmslos so gespielt werden, wie in den Studio-Alben.  Wohltuende Ausnahme bleibt „Yellow“ – einer der Coldplay Hits der ersten Stunde – der nur von Piano und Orgelsounds untermalt wird. Schlagzeug und Bass machen mal Pause…. Denkt man. Leider gilt das nur für die erste Strophe. Und kaum ist sie vorbei, kracht schon das ganze Band-Ensemble wieder in die Andacht und leiert den Song in der Studio-Version herunter. Und egal ob „Viva La Vida“ oder „PrincessOf China“ (immerhin mit der echten Rihanna als Stargast und nicht etwa ab Konserve), das Muster wiederholt sich immer wieder: Im Intro wird kurz aufgezeigt, dass man durchaus Ideen hätte, wie man diese Songs auch noch spielen könnte. Aber es bleibt bei diesem halbherzigen Versuch. Zweifellos, viele Konzertbesucher sind dann zufrieden, wenn die Songs einigermassen so klingen, wie man sie schon kennt. Keine übermässigen Experimente bitte. Und dennoch macht es deutlich, dass Coldplay den ursprünglichen Weg eines Indie-Geheimtipps verlassen haben und in Richtung Stadionrock abgebogen sind. Bon Jovi lassen grüssen.

Hanns
About Hanns Hanneken 528 Articles
Hanns, der Gründer von TRACKS, ist der CH-Musikszene seit den 80er-Jahren als Produzent, Musiker und Redaktor eng verbunden. Er war jahrelang Chefredaktor des Schweizer Musikmagazins MUSIC SCENE, des deutschen Magazins MUSIK SZENE und arbeitete für u. a. MUSIK EXPRESS, METAL HAMMER.