WALLY Martyrs And Cowboys

WALLY
Martyrs And Cowboys
Esoteric Recordings

Zuerst einmal ein paar interessante Fakten über die englische Progressive-Rock-Band Wally, die von 1971 bis 1976 existierte und sich in den 2000er Jahren kurzzeitig reformierte: 1975 begleitete Wally (bedeutet Essiggurke im englischen Cockney-Slang) den französischen Sänger Michel Polnareff auf einer Tour durch Japan. Keyboardspieler Nick Glennie-Smith war als Nachfolger von Rick Wakeman in der Progrock-Band Yes im Gespräch, wurde später ein gefragter Sessionmusiker und Soundtrack-Komponist. Bassist und Violinenspieler Pete Sage ging nach dem Ende von Wally nach Deutschland, um als Soundengineer für Boney M zu arbeiten. Auf der einen Seite zeigt dies das Potential der Band um Sänger und Hauptsongschreiber Roy Webber, es offenbart aber auch die Offenheit und Flexibilität des Sextettes. All diese Qualitäten zeigen sich auch auf den zwei Alben der Band. Das selbstbetitelte Debüt erschien 1974, das zweite «Valley Gardens» ein Jahr später. Das Debüt war ein vielschichtiges Werk mit Einflüssen aus Progrock, Folk, Artpop, Westcoast und Rock-Elementen. Im Auftakt «The Martyr» dominiert eine zuweilen schwelgerisch klingende Geige, die mit Elementen aus Progrock, Rock, Folk und etwas Barockpop angereichert wird. Darüber thront der harmonische Gesang, der in der Tradition von Bands wie America, Crosby, Stills And Nash und etwas Pink Floyd steht. Die Single «I Just Wanna Be A Cowboy» ist eine feine Folknummer mit wunderbarem Harmoniegesang. «What To Do», in dem wieder die Geige eine wichtige Rolle spielt, mahnt teils an Pink Floyd. Der fünfte Song, das fast 14 Minuten lange «To The Urban Man» ist eine vielschichtige und faszinierende Mischung aus Progrock, Folk, Westcoast und Sound-Experimenten, in dem einmal mehr die Geige, neben anderem, hörenswerte Akzente setzt. Der Abschluss, das folkig leise «Your Own Way» mahnt an America. Als Bonustrack gibt es mit dem Country angehauchten «The Life You’re Living», die Rückseite der Single «I Just Wanna Be A Cowboy». Auf dem zweiten Werk von Wally, «Valley Gardens», dominiert mehr der Progrock. Ob das mit dem personellen Wechsel, für Keyboarder Paul Gerrett kam Nick Glennie-Smith, zutun hatte, sei dahingestellt. Auf jeden Fall klingt nicht nur der Auftakt, der Titelsong, nach Yes. Deren Keyboarder Rick Wakeman hatte ja das Debüt mitproduziert. Die Geige von Peter Sage wird in den Hintergrund gedrängt. Das Hauptstück von «Valley Gardens» ist das über 19 Minuten lange «The Reason Why», das sich über die ganze zweite Seite erstreckt. Neben vielen vielschichtigen und dynamischen Elementen fällt vor allem der lange instrumentale Mittelteil auf, der spacig, geheimnisvoll und zuweilen gespenstig klingt. Die Single «Nez Perc’e» ist eine Piano dominierte Popnummer mit Westcoast-Elementen und einem schönen Geigensolo. Gegen Schluss ist übrigens noch eine Gesangseinlage von Madeline Bell (Blue Mink, Solo),  die gerade nebenan aufnahm, zu hören. Als Bonustrack gibt es hier «Right By Me», die B-Seite von  «Nez Perc’e». «Martyrs And Cowboys” ist eine gute Möglichkeit eine leider fast vergessene Band zu entdecken, die wegen der üblichen Unzulänglichkeiten (wenig Promotion, Pech, Zur falschen Zeit am falschen Ort) nie die verdiente Anerkennung erhielt.

Roebi
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