THE TEMPERANCE MOVEMENT The Temperance Movement

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THE TEMPERANCE MOVEMENT

The Temperance Movement

Earache/Nonstop

 

hh. Freunde des Retro-Rocks dürfen sich freuen. Das britische Quintett legt nach ihrer EP (2012) nun den ersten regulären Longplayer vor und qualitätsmässig gleich noch eine satte Schippe drauf. War die EP schon im Vergleich zu den mittlerweile unübersichtlichen Retroband-Releases (leider wird hier mal wieder eine attraktive musikalische Sparte durch zu viele minderwertige Produkte gnadenlos aus- und abgeschlachtet) eine durchaus erfreuliche Angelegenheit, glänzt die schottisch/englische Vereinigung hier mit einem klasse Album. 12 Songs zwischen herausragend und gut, wobei die herausragenden deutlich in der Mehrzahl sind, pendeln musikalisch zwischen The Black Crowes, Frankie Miller und (viel) Free – also bester 70er Rock englischer Prägung. Mit Sänger Phil Campbell (nicht zu verwechseln mit Lemmy’s Sideman bei Motörhead) hat die Truppe einen starken Frontmann, der mit seiner kraftvollen, rauen Stimme den Sound prägt. Zudem hat er ein hervorragendes Gespür für catchy Melodien und beweist in den folkigen Balladen viel Seele und Gefühl. Die Band spielt ebenfalls äusserst songdienlich und dynamisch und hat mit den beiden Gitarristen die für diesen Sound perfekten Musiker an Bord. Ihr reduziertes Spiel ist in erster Linie darauf ausgelegt zusammen mit Bass und Drums einen groovenden Teppich zu legen, auf dem Campbell sich stimmlich bestens entfalten kann. Dass weniger mehr sein kann, wird hier eindrücklichst und überwiegend meisterlich vorgeführt. Die Band rockt sich amtlich und mit viel Drive durch das Repertoire und die berührenden Balladen sind völlig frei von jeglichem Kitsch und dem Schielen auf Radio-Playlists. Auf der Insel haben Medien und Fans das grosse Potential der Band bereits erkannt, wurden sie doch im November 2013 als „beste neue Band“ mit einem Classic Rock Award ausgezeichnet. Damit stiegen sie als Newcomer direkt in die Spitzen-Liga auf, den zu den anderen Award-Gewinnern zählten Grössen wie Black Sabbath, Led Zeppelin, Fleetwood Mac, Rolling Stones – um nur einige zu nennen. Und nach Hören dieses Albums kann man nur sagen: Glückwunsch – Temperance Movement haben es voll und ganz verdient. Handgemachter Classic Rock auf einem bluesigen Unterbau, unaufgeregt und mit viel Tiefgang interpretiert. Die Produktion passt sich dem tollen musiaklischen Vortrag der Band ohne Abstriche an, ist transparent, drückt da wo es sein muss und nimmt sich zurück, um die ruhigen Momente atmen zu lassen.  Ein herausragendes Debüt, das trotzdem noch Luft nach oben lässt. In der Hoffnung, dass sich die junge Truppe ihre Roots und Unbefangenheit bewahrt, freuen wir uns jetzt schon auf eine Fortsetzung.

Hanns
About Hanns Hanneken 528 Articles
Hanns, der Gründer von TRACKS, ist der CH-Musikszene seit den 80er-Jahren als Produzent, Musiker und Redaktor eng verbunden. Er war jahrelang Chefredaktor des Schweizer Musikmagazins MUSIC SCENE, des deutschen Magazins MUSIK SZENE und arbeitete für u. a. MUSIK EXPRESS, METAL HAMMER.