STONE SOUR @ Samsung Hall – Zurich

Corey Taylor ist einer meiner ganz grossen Helden. Der Sänger von Stone Sour (und notabene natürlich auch Slipknot) vermag mit seiner gewaltigen Stimme innerhalb von Bruchteilen von Sekunden den Wechsel von tiefen Grouls zu gefühlsvollen klaren Tönen zu vollziehen. Der Autor von zahlreichen Büchern besitzt ebenfalls einen grossartigen Humor und eine Energie, dass ein atomar betriebenes Duracell-Häschen eifersüchtig werden würde. Meine Vorfreude auf das Konzert soll aber nicht meine kritischen Augen und Ohren beeinflussen, wenn es um das Verfassen der Konzert Review geht. Also der Reihe nach. Ort des Geschehens ist die Samsung Hall in Dübendorf. Mein erster Besuch dort und ich muss sagen, die Halle gefällt. Tolle Akustik, geschmackvoll erbaut und mit dem sich zur Bühne hin leicht senkenden Boden optimal um auch aus den hinteren Gefilden der Halle einen guten Blick auf das Geschehen auf der Bühne zu erhaschen. Etwas knapp berechnet sind die 250 hauseigenen Parkmöglichkeiten, wenn man bedenkt, dass das Venue 5000 Leute fassen kann. Für die ÖV-Benützer könnte die Lage nicht besser sein, denn gleich nebenan befindet sich der Bahnhof Stettbach. Wer aber keine Anreisemöglichkeit mit den ÖV hat, guckt ein wenig in die Röhre. So, das alles hat jetzt aber noch nix mit dem eigentlichen Zweck dieses Textes zu tun. Los geht’s.

Den Abend eröffnete Taylor Momsen mit ihren The Pretty Reckless. Die zierliche junge Dame mit ihrer einzigartigen Stimme und dem Talent mit ihrem Gitarristen Ben Philipps zusammen grossartige Songs zu fabrizieren, startete pünktlich um 19:45 Uhr mit dröhnenden Kirchenglocken (ob das wohl jetzt auch in die politischen Diskussion über Kirchenglocken einfliesst?) und mit dem Gestöhne aus dem Intro vom Song „Follow Me Down“. Während den ersten zwei Songs hat man praktisch nur die Mähne von Momsen zu Gesicht gekriegt. Also eben nicht das Gesicht. Beim nachträglichen Betrachten der Fotos erkennt man dann auch, dass Momsen, im Gegensatz zu früheren Aufnahmen, ein leicht aufgequollenes Gesicht hat. Und da die Fotografen während den ersten zwei Songs ihre Arbeit verrichten durften, wollte sie das wohl etwas verstecken. Ich kann nicht sagen ob das ihre stimmliche Qualität war oder die Art und Weise wie der Gesang abgemischt wurde, man hatte aber den Eindruck, dass die Stimme ziemlichen Schwankungen unterlegen war. Ansonsten schien sich die Sängerin über weite Strecken auf der Bühne unwohl zu fühlen. Nervöses Genuschele mit dem Mikrofonkabel und am eigenen T-Shirt liessen auf eine gewisse Unsicherheit schliessen. Einzig bei den Songs „Make Me Wanna Die“, „Going To Hell“ und vor allem bei der aktuellen Single „Take Me Down“, wo sie sich selber noch die Gitarre umschnallte, da hatte man das Gefühlt, dass sie in ihrem Element ist und eine überzeugendere Selbstsicherheit ausstrahlte. Beinahe 50 min durften sie das Publikum aufwärmen.

Was dann nach der Umbauphase um ca. 21:15 Uhr über uns fegte, war dann ein ganz anderes Kaliber. Eine Dampfwalze an Energie, Positivität und Spielfreude rollte an. Mit dem Intro vom aktuellen Album „Hydrograd“, den Worten „Hallo, you bastards!“ starten dann Stone Sour. Eine gut gelaunte Band hatte an diesem Abend so richtig Bock, den zweitletzten Gig des Jahres und ihrer Tour hier in der Schweiz zu absolvieren. Corey Taylor zog die Leute ab der ersten Sekunde mit seiner Bühnenpräsenz in seinen Bann. Wie ein Dompteur vermochte er mit dem Publikum zu spielen ob das jetzt ein „Put your fucking hands in the air!“ oder ein Singalong-Wettbewerb innerhalb des Publikums war. Nach dem gefühlten 35. Mal, dass ich die Hände in die Luft strecken soll, hat sich mein Engagement dann langsam etwas abgeflacht. Aber wer bin ich schon, den Leuten schien es noch immer zu gefallen. Wie die Fotos vom Konzert zeigen, stellte sich Taylor als wahres Fressen für die Fotografen raus. Emotionen, Gesten, Bewegung und Scheisse, sogar eine Konfetti-Gun war am Start. Und von Anfang bis Ende das zufriedene Grinsen in seinem Gesicht. Zwei Sekunden an denen der hyperaktive Taylor an einem Ort stehen bleibt? Die gibt es ja, wenn ihn eine Gitarre und Songs wie „Hesitate“ oder „Through Glass“ dazu nötigen. Ansonsten aber sprintet er von einer Ecke zur anderen, rauf auf seinen Podest in der Mitte der Bühne, wieder runter. Er zieht wie ein Raubtier auf der Bühne seine Kreise nur um dann mit voller Wucht seine Beute wieder anzugreifen. Und wir sind an diesem Abend gerne die Beute. Einziger Wehmutstropfen: schade, dass Stone Sour die Halle nicht ganz füllen konnten. Eine solche Show hätte es mehr als verdient gehabt, das „Sold Out“-Schild vor die Türe gehängt zu bekommen.

Photos: Sandro Thaler

Mario
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