Starlett Stock Hard’n’Heavy Festival @ Sedel, Luzern 06.05.2023

Anfang Jahr kursierte plötzlich ein schön gestalteter, bunter Flyer mit Muskelmann-Motiv in wohl bewusst gewählter Retro-Optik durch die sozialen Medien. Er bewarb stilgerecht das erste “Starlett Stock” Hard’n’Heavy Festival, welches Anfang Mai im Sedel in Luzern stattfinden sollte. Wie man dem Namen und dem Billing entnehmen konnte, stehen die Luzerner Band Sin Starlett sowie Iron Underground Productions als Initianten und Veranstalter hinter dem Anlass.

Ein kurzer Blick auf das stilistisch eng-abgesteckte Lineup machte sofort klar: Die Musik der auftretenden Bands bewegt sich ausschliesslich in der Schnittmenge von Trad-, Proto- sowie Epic Metal. Zweitens würden Fans dieser Genres wohl voll auf ihre Kosten kommen, denn selten gibt es in hiesigen Gefilden Veranstaltungen mit einem Solch erlesenen Lineup aus diesem Bereich.

Im Vorfeld verkündeten die Veranstalter, dass gut 150 Tickets im Vorverkauf weggegangen sind und noch gut 80 an der Abendkasse verfügbar seien. Zur Türöffnung um 15.00h sind dann schon einige Leute vor Ort. Die, welche wohl noch ein Ticket ergattern wollen und diejenigen, die sich auch die ersten Bands nicht entgehen lassen möchten.

Eine halbe Stunde später steht dann die noch junge Lokalband Running Maiden auf den Bühnenbrettern und eröffnet das Starlett Stock Festival. Das Luzerner Trio spielt klassischen Heavy Metal in der Manier des NMOBHM und haben letzten Oktober eine sehr vielsprechende EP auf Tape über das Label Dying Victims Productions veröffentlicht. Die 4 großartigen Tracks und noch einige neue, werden im Folgenden dem Publikum live vorgetragen. Die Band beginnt mit viel Spielfreude ihr halbstündiges Set. Zumindest In den vorderen Reihen – scheint der Bass auffällig prominent, wodurch der Gesang leider etwas in den Hintergrund rückt. Etwas Schade, denn man möchte gerne mehr Stimme der Sängerin hören, welche sich keineswegs verstecken muss, sondern nach vorne gehört! Bestechend gut ist auch Gitarrist Ramons Gitarrenspiel, der sehr sich gekonnt auf seiner Flying-V durch haufenweise coole Riffs und melodiöse Solos spielt. Sein ausgezeichnetes Spiel verleiht – nebst dem markant tief gehaltenen Gesang – dem Running Maiden Sound unbestritten seine Trademarks. Insgesamt hat die Nachwuchsband einen guten Start hingelegt. Stellenweise fehlt vielleicht noch etwas Routine im Zusammenspiel, welche aber zweifelsfrei durch künftige Auftritte gewonnen wird.

Nach einer kurzen Umbauphase folgen Amethyst als zweite Band. Mit “Rock Nights” haben sie Anfang März eine sehr solide EP via Jawbreaker Records veröffentlicht, die in einschlägigen Kreisen ordentlich Wellen geschlagen hat. Dementsprechend hoch sind auch die Erwartungen an ihren allerersten Auftritt hier im Sedel. Die Neugier und das Interesse des Publikums zeigen sich durch einen gut gefüllten Konzertsaal. Alles nur Hype oder steckt da Substanz dahinter? Gespannt richten sich die Blicke nach vorne als die Band während des Intros die nebelverhüllte Bühne betritt. So legen sie los und schnell wird klar: Hier spielen erprobte und gestandene Musiker! Die anfängliche Nervosität scheint im nu verflogen und der Auftritt wirkt von Beginn weg sehr souverän. Ihr eingängiger, mit viel Leidenschaft gespielter Heavy Rock verfehlt seine Wirkung auch nicht beim Publikum, wo er unmittelbar auf Resonanz stösst. Kaum wunderlich, denn ihre Musik besticht durch gutes und abwechslungsreiches Songwriting, großartige Melodien und einem Sänger, der insbesondere auch live eine sehr solide Leistung zeigt. Der grossartige Ohrwurm-Track “Chasing Shadows” entpuppt sich wie erwartet auch live als Hit. Die Konzert-Feuerprobe dieser vielversprechenden Band ist somit mit Erfolg bestanden.

Skullwinx sind die nächsten, die auftreten. Die Bavarier aus Tegernsee gibt es seit gut 10 Jahren. Mit viel Elan und Spielfreude beginnen sie ihr Set und versprühen gute Laune mit ihrem Epic-Speed-Metal. Sänger Lenny steckt mit seiner sympathischen Art das Publikum an, sodass vor der Bühne ordentlich gebangt wird. Auch die Gitarrenfraktion hobelt ausgiebig Späne aus ihren Griffbrettern und jagt mit treibender Unterstützung des Drummers, durch die epischen Songs aus ihren beiden Konzeptalben. Diese handeln inhaltlich von den sagenumwobenen Taten historischer Figuren, wie beispielsweise von Attila dem Hunnenkönig oder Herkules. Schade nur, dass Ihnen nicht dieselbe Aufmerksamkeit des Publikums zuteil wird, wie zuvor bei Amethyst. Doch das tut der Qualität und Intensität ihrer Darbietung in keiner Weise einen Abbruch, denn sie ziehen diese unbeirrt durch.

Beim Gang hinaus auf den Vorplatz des Sedel fallen die Blicke auf ein Schild über der Eingangstüre: “SOLD OUT!” steht da drauf. Ein erfreulicher Erfolg und Bestätigung für die Veranstalter, für die sich ihre Bemühungen hiermit gelohnt haben. Schön zu sehen, dass auch die Besucher solche Anlässe mit zahlreichem Erscheinen unterstützen und dazu beitragen, dass diese auch künftig wieder durchgeführt werden können.

Nun wurde die Bühne für die unbestrittenen Lokalmatadoren in ihrem Metier hergerichtet. Es wurde Zeit für das Heimspiel von Sin Starlett. Nach einem kurzen Linecheck legen sie furios los. 

Es ist von Beginn weg evident, dass hier eine erfahrene Live-Band auf der Bühne steht. Anders ist die Souveränität dieser beschlagenen Metal-Ritter nicht zu erklären. Diese haben sie sich im Laufe ihrer doch immerhin 17-Jährigen dauernden Laufbahn unbestritten mit vielen Konzerten erspielt. Sänger Elias Felber zieht mit seiner unverkennbaren Stimme und lebhaften Bühnenpräsenz, immer wieder Augen und Ohren auf sich. Mal feuert er die Leute an, oder zieht sie mit eidringlichen Blicken in den Bann, nur um sich danach wieder die Seele aus dem Leib zu singen. Auch wird er immer wieder unterstützt durch shoutende Backing Vocals seiner Bandmates. Die Rezeptur ihres Sounds im Fahrwasser des Trad-Metals ist des Weiteren geprägt durch galoppierendes Riffing mit hämmernden Drums aber auch epischen Mid-Tempo Passagen. Dies haben sie in Essenz auf ihrem hervorragenden letzten Album «Solid Source auf Steel» sozusagen stilgerecht in Stahl gegossen und auch hier im Sedel live sehr gekonnt zum besten gegeben. So bieten sie während 40 Minuten ein kompaktes und sehr unterhaltsames Set.

Die Epic Metaller Megaton Sword aus Niralet (bzw. Winterthur) kommen gerade aus Stuttgart nach Luzern. Sie spielen heute im Sedel ihr letztes von 9 Konzerten, welche sie im Rahmen einer Mini-Tournee zusammen mit den Label-Kollegen Venator bestritten haben. Mit im Gepäck ihr aktuelles Album «Might & Power», welches landläufig ausgezeichnete Rezensionen erhalten und die Band vom Newcomer-Status enthoben und mittlerweile zu einer festen Grösse in ihrem Metier gemacht hat.

Um halb 8 entern sie als einer der Headliner die Bühne, die passend mit aufgeständerten Langschwerter beidseitig des Drumkits bestückt ist. Mit dem Klasse Opener «The Raving Light Of Day» starten sie gleich durch. Obwohl ihnen die Strapazen der Tour in den Knochen steckt, ist Ihnen nichts davon anzusehen. Tight und entschlossen galoppieren sie durch ihr stündiges Set. Sie geben dabei einige neue Songs wie «Power», «Iron Plains», «All Wicked Schemes Unite» zum Besten, aber auch alte Bekannte wie «Blood Hails Steel – Steel Hails Fire». Uzzy Unchained, singt sich sehr sattelfest und mit viel Pathos die Seele aus dem Leib. Einziger Kritikpunkt ist an dieser Stelle, dass seine Stimme etwas zu leise abgemischt scheint und daher etwas im Strudel der treibenden Soundwall untergeht. Das Publikum feiert den schneidig gespielten Fist-in the-Air-Metal jedenfalls mit viel Enthusiasmus ab. Eine tolle, sehr gereifte Darbietung dieser Band!

Am Vorabend erreichte die Veranstalter leider eine unerfreuliche Nachricht aus dem Lager von Konquest. Die Italiener mussten offenbar aus plötzlichen persönlichen Angelegenheiten, ihren Gig am Starlett Stock kurzfristig absagen. Trotz dem Bemühen, einen Ersatz zu finden, wobei 20 verschiedene Bands angefragt wurden, war so kurz vor dem Festival nichts mehr zu machen. 

Als wäre die Absage von Konquest nicht schon genug gewesen, mussten zuvor schon Venator eine Hiobsbotschaft verkünden. Sänger Hans hat sich während der Tour mit Megaton Sword eine Kehlkopfentzündung zugezogen und konnte nicht singen.

Doch anstatt ihren Auftritt abzusagen, haben Venator kurzerhand, anstelle eines regulären Sets, eine «Steel City Karaoke-Show» angekündigt. Wer sich getraute, konnte sich vorgängig als GastsängerIn melden und mit der Band auf die Bühne, während sie ihre Songs spielten. Doch dann fand sich mit Sängerin Laura Vesprini von der Hard Rock Band Cherokee Venator doch noch ein Ersatz. Offenbar hat sie schon am Vorabend die Band am Mikro unterstützt. Die Gesangsparts in so kurzer Zeit auswendig zu lernen, ist natürlich kaum möglich. Als Hilfe hat sie daher Textblätter vor ihr am Boden liegen. Zu Beginn singt sie verständlicherweise etwas verhalten, steigert sich dann aber von Song zu Song, um schliesslich zu ihrer Hochform aufzulaufen und mit der Band ein furioses Set hinzulegen. Nach einigen Songs werden dann noch weitere Gastsänger auf die Bühne gebeten. Unter anderem Lenny von Skullwinx und Yves von Amethyst. Mit ausgelassener Stimmung und Respekt zollendem Publikum endet schliesslich die Venator-Karaoke und damit auch die erste Ausgabe des in allen Belangen tollen Starlett Stock Festivals.

Fazit:
Die Besucher des Festivals haben selbstverständlich ein Faible für Vergangene Zeiten. Doch hier von einem reinen Retromanie-Anlass zu sprechen, wäre nicht gerecht. Es ist vielmehr ein Hochhalten der Fahne der traditionellen Heavy Metal Musik und ihrer Subkultur. Dies mit viel Frische und Herzblut, selbstverständlich aber auch mit einer guten Prise Pathos und Nostalgie. So, wie es die etablierteren Künstler und eben auch die Nachwuchstalente jüngerer Generation mit ihren Darbietungen gezeigt haben.

Sehr unterhaltsam war auch die Tombola-Verlosung, bei welcher jeweils in den Pausen zwischen den letzten 3 Bands die Lose gezogen wurden. Moderiert mit viel Witz von Elias von Sin Starlett sowie Amadé (Megamosh), gab es dabei Tonträger, Bandmerch, sowie, als Hauptgewinn, einen Tagesausflug ins Alpamare mit Sin Starlett zu gewinnen.
Ein insgesamt sehr gelungener, einwandfrei organisierter Anlass, trotz unglücklicher Bandabsagen und Ausfällen. Daher hoffen und freuen wir uns sehr, auf eine weitere Ausgabe des Starlett Stock Festivals!

Tomi Palinkas 

 

 

Ian
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Photographer based in Switzerland specializing in live music since 2008. Longtime TRACKS Webmaster and now co-responsible for TRACKS online together with Laurent.

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