RAMMSTEIN – Rammstein

RAMMSTEIN
Rammstein
Vertigo/Universal

lg. Zehn lange Jahre nach dem letzten Album „Liebe Ist Für Alle Da“ will es Deutschlands grösste Rockband – Rammstein – noch einmal wissen. Ging es in den letzten Jahren um die kalkulierte Vergrösserung des eigenen Status und die Verwaltung des eigenen Erbes, ändert sich dies nun mit neuen Songs. Eine neue Stadiontour steht vor der Tür, auf welcher Rammstein mit Sicherheit ihre bisherigen Rekorde brechen werden – wird doch die Setlist eben einige dieser neuen Songs enthalten, was eine Blutauffrischung bedeutet – denn die Band ist nach wie vor zu gefährlich, um sich bloss auf den eigenen Lorbeeren auszuruhen.
 
Doch nun zur Musik: „Rammstein“ präsentiert auf den 11 Songs ein kerniges Best-Of Programm des bisherigen Schaffens. Paul Landers’ und Richard Kruspes Gitarren braten amtlich, Flake setzt an den Keyboards abgefahrene Impulse und Sänger Till Lindemann schafft es wiederum mit seinen Texten sowohl versaute, böse, garstige Elemente zu besingen wie auch liebliche, witzige und einfach phantasievolle Facetten des menschlichen Daseins auszuleuchten.
 
Der erste und bereits bekannte provokante Track „Deutschland“ haut rein und gibt die recht harte Marschrichtung der erste Albumhälfte vor. Die weiteren „Radio“ (Hit!) und das die katholische Kirche kritisierende „Zeig Dich“ gehen mit an alte Glanztaten erinnernde Riffs als absolute Album-Highlights durch. Das folgende und mit einem irrwitzigen Text versehene „Ausländer“ ist fast schon ein Elektro-Song und wäre auch in den 90er Jahren ein gern gehörter Dancefloor-Kracher gewesen. Auch das nachfolgende „Sex“, eine Art Liebeserklärung an das fleischliche Leben, schlägt in die gleiche Kerbe, wenn auch weniger zwingend.
 
Dann wird „Rammstein“ ruhiger und etwas langsamer, wenn auch nicht weniger explizit. „Puppe“ macht mit Tills krass eingesetztem Gesang wirklich weh, während die folgenden „Was Ich Liebe“ und „Diamant“ wahrlich keine Überflieger sind und als die beiden schwächsten Songs des Albums bezeichnet werden können. „Weit Weg“ ist mit seinem hymnischen Charakter von Pop der 80er Jahre beeinflusst, geht gegen Ende auch ordentlich ab. Ein letztes grosses Highlight auf dem Album ist „Tattoo“, ein Uptempo-Track, der auch textlich mit humorvollen Entzückungen aufwarten kann – es ist immer wieder erstaunlich, wie Till Lindemann es schafft, mit seinen Texten so treffende Worte zu finden – ganz gross. Auf dem abschliessenden „Hallomann“ lassen Rammstein nichts mehr anbrennen, so dass von einem guten Album gesprochen werden kann, welches sich im Rahmen der letzten Scheiben bewegt und ein gutes musikalisches Niveau aufweist.
 
Herausragend ist das Artwork – ein nicht angezündetes Streichholz: Mehr Zynismus geht kaum. Ob nun „Rammstein“ das letzte Album des Berliners Sextett ist wissen nur die Götter. Das das Album in der ganzen Welt hoch charten wird, ist sicherer als jede Geldanlage dieser Welt… 
 
Laurent Giovanoli

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