PAUL STANLEY
Hinter der Maske – Die Autobiografie
Hannibal Verlag
hh. Nun ist die unter dem Original-Titel „Face The Music – A Life Exposed“ veröffentlichte Biografie des KISS-Frontmanns auch in deutscher Übersetzung erschienen. Mit knapp 500 Seiten ist es ein beachtlicher Wälzer geworden, der den Mensch hinter der Starchild-Maske sichtbar machen soll.
Das gelingt Paul Stanley und seinem Mitautor Tim Mohr, der bereits an den Memoiren von u.a Gunner Duff McKagan beteiligt war) generell gut und unterhaltsam. Dass sich das Buch in erster Linie an KISS-Fans richtet, versteht sich von selbst. Und diese Fans werden eine Menge über ihr Idol erfahren, dass sie in dieser Form bislang nicht wussten. Beispielsweise, dass Stanley psychisch sehr darunter litt, mit einem verkrüppelten Ohr und halbseitig taub geboren zu sein und dieses Handicap zu einem grossen Teil seine Jugend belastete.
Natürlich schildert Stanley sein Leben und den Werdegang von KISS aus seiner Sicht. Das ist sicher legitim, darf aber hinsichtlich der KISS-Geschichte auch hinterfragt werden. Die anderen Bandmitglieder werden über viele Themen und von Stanley geschriebene Fakten eine andere Sicht der Dinge haben. Stanley ist jedenfalls nicht zimperlich, wenn es ans Austeilen geht. Hier kriegt jeder sein Fett weg, allen voran Originalmitglieder Peter Criss und Ace Frehley. Criss spricht er im Grunde jegliches musikalisches Talent ab und auch Spaceman Frehley wird nicht unbedingt Spass an Stanley’s Geschichten haben. Dass Gene Simmons etwas besser weg- bzw. nicht grossartig im Buch vorkommt hat wohl seinen Grund darin, dass die Beiden immer noch zusammenarbeiten und auch, dass sie sich im Laufe der 40-jährigen Karriere an die Macken des jeweils anderen gewöhnt haben oder, und das ist wohl am wahrscheinlichsten, dass Stanley es einfach nicht wagt, Simmons so ans Bein zu pissen, wer er das mit Criss und Frehley macht. Aber zwischen den Zeilen wird doch klar, dass Stanley auch mit Simmons seine Probleme hatte.
Unterschwellig haben die Geschichten über seine Bandkollegen durchaus etwas von „Nachtreten“. Stanley lässt zudem keine Gelegenheit aus, sich bezüglich KISS in bestem Licht zu präsentieren. Glaubt man seinen Ausführungen, war und ist er der grosse Zampano, der Mittelpunkt und Motor – der Mann, ohne den nichts geht , der Mann der KISS ist! Zumindest Gene Simmons wird da sicher eine andere Sicht haben.
Bis auf einige wenige intime Einblicke in das private Leben und Denken von Paul Stanley bleibt das Buch doch recht oberflächlich. Interessante Themen werden oft nur kurz angesprochen und der Leser hätte sich bestimmt mehr Informationen über Hintergründe des KISS-Imperiums gewünscht.
Fazit: „Hinter der Maske“ ist unterhaltsam und bietet dem KISS-Fan eine Menge Informationen und Einblicke in das Leben des Starchilds. Die permanenten Versuche, sich selbst auf das höchste Podest zu stellen, sind auf Dauer jedoch nervend und lassen auch ein anderes Licht auf die Persönlichkeit des Paul Stanley zu. Offenbar hat der Mann bis heute immer noch mit Minderwertigkeitsproblemen zu kämpfen.