
Meh Suff Winterfestival
17. / 18. Januar, Dynamo Zürich
lr. Über den Segen des Meh Suff Winterfestivals im Scheissmonat Januar haben wir an dieser
Stelle schon geschrieben. Drum gleich in media res, also zu den Headlinern. Denn die hatten
es diesmal in sich. Vor allem der Freitag wurde für Carcass zum wahren Triumphzug.
Spielfreudig, mit einem Mörder-Sound ausgestattet und einem wunderbaren Streifzug quer
durch die ganz Diskographie zeigten sich die britischen Grindcore-Pioniere im Dynamo von
ihrer allerbesten Seite. Keine Ahnung, ob es daran lag, dass Jeff Walker seine Rastalocken
abrasiert hat – aber die Band zeigte sich so aufgeräumt, groovig und tight wie noch selten.
Ganz ehrlich: Ich habe Carcass schon oft live gesehen, aber noch kaum je so gut wie am Meh
Suff Winterfestival. Ein grandioser Auftritt, gespickt mit Hits («Incarnated Solvent Abuse»,
«Keep on Rotting», «Genital Grinder» und natürlich «Heartwork»), dargeboten von einer
sympathischen Band mit einem Frontmann, der live fast besser singt als auf Tonträger. Und
wie man mit 55 Jahren noch aussehen kann wie Billy Steer ist auch echt ein Rätsel. Es muss
wohl stimmen: Grindcore hält jung und knusprig.
Venom am Samstag zeigten sich dagegen etwas klappriger, waren aber genauso gut aufgelegt
wie tags zuvor Carcass. Es rumpelte, es krachte, es donnerte – Venom eben. Wunderbar.
«Black Metal» gleich als Opener zu wählen (bei noch nicht optimalem Sound) war vielleicht
etwas fragwürdig, aber sonst lieferten die UK-Legenden ab und legten den Fokus bei der
Setlist zum Glück auf die ganz grossen Klassiker. «Countess Bathory», «Leave me in Hell»,
«Welcome to Hell» – und natürlich ihr allerbester Song «Bloodlust» als Highspeed-Overdrive-
Zugabe – sorgten für strahlende Gesichter in einem Publikum, in dem mehr als nur ein paar
Die-Hard-Fans auszumachen waren. Coole Stimmung, Jungs.
Mit echtem Black Metal, wir wissen es, haben die Geordies ohnehin wenig am Hut; die Band
spielt mehr oder weniger rumpeligen Rock n Roll. Etwas härter als Motörhead, aber mit
enorm viel Charisma und oft grossartigem Songwriting. Venom waren auch nie wirklich
gefährlich: Cronos und Co. waren immer so etwas wie Comicfiguren aus einem okkulten
Fantasyfilm für Kids. Der ikonische Frontmann kommunizierte denn auch fleissig mit der
Meute, stimmte Fussball-Chants an und machte Witze. Sieht man bei ihm auch nicht alle
Tage. Und Rage spielt zwar oft noch abenteuerlicher neben den Tönen als früher Mantas,
dafür ist Dante an den Drums ein echtes Erlebnis. Natürlich fehlten am Ende mindestens
sieben persönliche Faves in der Setlist (wo war «Die Hard»? Wie wär’s mal wieder mit
«Witching Hour»??), und ohne Pyros und Trockeneis sind Venom ja nicht wirklich Venom.
Aber man kann nicht alles haben. Am Ende jedenfalls waren alle happy – die Band, die Fans,
das Festival, der Schreiber. Nimm’ das, Scheissmonat Januar.
Lukas Rüttimann

Leave a Reply
You must be logged in to post a comment.