Meh Suff-Metalfestival am 6. und 7. September 2024

Meh Suff-Metalfestival am 6. und 7. September 2024 auf dem Hüttikgerberg (Zürich) 

Anbei der ausführliche Bericht von Erik Nilsson, der dieses tolle Festival bei bestem Wetter besuchen konnte. 

FREITAG, 6. September 2024

Echo vom Aathal

Den Auftakt des Festivals bestritt das urchige Schweizer Power-Trio Echo vom Aathal, das bereits durch seine traditionelle Tracht und den Einsatz eines Alphorns auffiel. Die ersten Töne liessen die alpine Seele aufleben, bevor die Band nahtlos in eine beeindruckende Darbietung von klassischem Heavy Metal überging. Trotz nur eines veröffentlichten Albums präsentierten sie eine vielfältige Palette an Klängen, sozusagen Geschreddertes nach Schweizer Art. Gabor Szabo, der Frontmann, überraschte das Publikum mit einer philosophischen Pause, in der er über seine grösste Angst, Xerophobie – die Angst vor Trockenheit – sinnierte. Passend dazu spielten sie einen Song, der zeigte, «wo der Bartli den Most holt», und das Publikum, wenn auch noch spärlich versammelt, wurde langsam wachgerüttelt. Ein gelungener Auftakt, der das Eis brach.

Causam

Mit einem unheilvollen Akustik-Intro verdichtete sich die Atmosphäre im Handumdrehen, und die Bühne verwandelte sich in eine düstere Szenerie, geschmückt mit Schädeln und Fackeln. Causam, eine junge Schweizer Black-Metal-Band, zeigten mit ihrem Corpsepaint-bemalten Auftreten und blutüberströmten Kostümen, dass sie das Erbe des Genres ehrenvoll tragen. Ihre Musik war von bitterer Kälte und hasserfüllter Energie durchzogen, und sie entfachten eine morbide Friedhofsstimmung, die perfekt zur düsteren Festivalatmosphäre passte. Ansagen blieben weitgehend aus, denn in dieser kargen, atmosphärischen Welt des Black Metals war die Stille zwischen den Songs ebenso bedeutsam wie die Musik selbst.

Embrace Your Punishment

Es folgte ein heftiger Stimmungswechsel, als die französische Band Embrace Your Punishment die Bühne mit ihrem brutalen Slam Death Metal betrat. Die tiefen Bässe und gutturalen Grunzvocals setzten die Menge unter Druck – und das Publikum folgte dem Ruf der Moshpits nur zu gerne. Die Musik zwang förmlich zu Bewegung, und die Band wurde für ihren energiegeladenen Auftritt mit enthusiastischen Reaktionen belohnt. Die Franzosen gaben alles, und das Publikum antwortete in Form von tobenden Moshpits, die die Festivalwiese in einen Hexenkessel verwandelten.

Can Bardd

Die Spannung stieg weiter, als Can Bardd inmitten von Playbacks aus Regen, Hörnern und tiefem Männergesang eine majestätische Atmosphäre aufbauten. Die Menge, neugierig und bereit für epische Klänge, versammelte sich vor der Bühne. In tiefem Schwarz gekleidet, mit erhobenen Fäusten und einer kraftvollen Bühnenpräsenz, bot die Band einen epischen Folk-Metal-Auftritt, der das Publikum verzauberte. Trotz der Playbacks von Streichern und Flöten harmonierte alles perfekt und schuf eine Atmosphäre von Aufbruch und Schlacht. Can Bardd verstanden es, eine tiefe emotionale Verbindung zu schaffen, und ihre Musik löste eine tranceartige Faszination aus, die das Publikum und die Band gleichermassen ergriff.

Insanity Alert

Nach der mystischen Pause kehrte die Brutalität zurück – diesmal in Form der österreichischen Party-Thrash-Band Insanity Alert. Mit Sänger Heavy Kevy, der in Hawaii-Hemd und Sommerhut über die Bühne tobte, war sofort klar, dass hier eine wilde Feier bevorstand. Der bunte Bühnenhintergrund mit Neon-Slogans wie «Drink, Mosh, Sleep, Repeat» und vulgäre Ansagen liessen keinen Zweifel daran, dass dies eine unvergessliche Thrash-Party werden würde. Kevys bissige Kommentare, wie seine Beschwerde über den Mangel an Drogen auf dem Festival, brachten das Publikum zum Lachen. Die Band hatte Schaumstoff Plakate, auf welche sie ihre Lyrics schrieben, so konnte das Publikum bei Klassikern wie der Iron Maiden Satire «Run to the Pit» belebt mitschreien.

Kalmah

Nach dem Chaos von Insanity Alert war das Publikum bestens vorbereitet für die finnischen Melodic-Death-Metal-Veteranen Kalmah. Die Band, die seit 1998 die Szene prägt, brachte eiskalten, meisterhaft gespielten Metal auf die Bühne. Ihre Darbietung fühlte sich an wie der Höhepunkt einer epischen Schlacht – mit Hymnen wie «The Groan of Wind» und «The Black Waltz» entfachten sie wahre Feuerstürme. Die untergehende Sonne verstärkte die dramatische Stimmung, und die Menge, angeheizt und kampfbereit, feierte den beginnenden Abend mit erhobenen Fäusten und tosendem Applaus.

Paradise Lost

Nach der «Schlacht» folgte mit Paradise Lost ein Akt der Reflektion und des Gedenkens. Die britischen Gothic-Metal-Pioniere betraten die Bühne zu den Klängen eines gewaltigen Orchesters, umhüllt von dichtem Rauch, der die Szenerie noch geheimnisvoller erscheinen liess. Die melancholischen, majestätischen Melodien der Band, die seit über 36 Jahren aktiv ist, fanden sofort ihren Weg in die Herzen des Publikums. Die Kombination aus dramatischen Gitarrenriffs und tiefem, klagendem Gesang erweckte eine Atmosphäre von Triumph und Trauer, die das Publikum gleichermassen in ihren Bann zog. Ein Moment der Andacht inmitten der tobenden Festivalnacht.

Overkill

Dann war es endlich Zeit für einen der Mainacts: Overkill. Die Menge hielt den Atem an, als die Bühne in giftgrünes Licht getaucht wurde. Ohne Umschweife legten sie los und brachten mit einem donnernden Thrash-Sound die Nacht zum Beben. Fäuste flogen in die Luft, Bier spritzte, und das Publikum wurde auf eine Zeitreise in die 80er – die Blütezeit des Thrash Metal – mitgenommen.

Als Bobby “Blitz” Ellsworth ins Mikro brüllte: «Don’t get quiet on us now!», wusste jeder, dass der nächste Kracher bevorstand. Mit «Hello From the Gutter» brachten sie die Menge endgültig zum Toben. Das giftgrüne Licht, die Strobos und die harten Riffs von Merritt Gant an der Gitarre vereinten sich zu einer elektrisierenden Atmosphäre, die das Publikum nicht losliess.

Doch Overkill war noch nicht am Ende. Mit einem verschmitzten Grinsen forderte Bobby das Publikum weiter heraus: «I can smell you, but I can’t hear you!» Die Reaktion liess nicht lange auf sich warten – die Fans explodierten förmlich vor Energie. Trotz ihrer langen Karriere bewies die Band, dass sie immer noch die ungebremste Fähigkeit besitzt, eine Menge zur Ekstase zu bringen.

Vreid

Die Nacht nahm einen weiteren Wendepunkt, als Vreid die Bühne mit einem verheissungsvollen Klavier-Intro betraten, begleitet von viel Rauch und rotem Licht. Ihr einzigartiger Mix aus Black Metal, Thrash und Rock ‘n’ Roll eroberte die Menge im Sturm. Vreid, die aus den Überresten der legendären Band Windir entstanden sind, bewiesen mit Songs wie «Pitch Black», dass sie sowohl das Erbe des Black Metals als auch frische Einflüsse meisterhaft vereinen. Durch diese lange Bandgeschichte entstand eine wundervolle Harmonier zwischen den Musikern und die Gruppendynamik war phänomenal.

Les Projets d’Athéna

Die 2022 gegründete Band Les Projets d’Athéna fällt sofort durch ihren Roboter-Drummer «Hades» auf. Die Band besteht aus nur zwei menschlichen Mitgliedern: einer energiegeladenen Sängerin und einem Gitarristen, die den fehlenden Bassisten und Drummer mühelos ersetzen. Obwohl die Drums vom Playback kamen und Hades sie nicht wirklich spielte, war seine Präsenz ein spannendes Highlight des Auftritts. Begleitet von einem Science-Fiction-Flair und intergalaktischen Beats, entstand trotz des technischen Setups eine beeindruckende Kraft in ihrer Musik.

 

SAMSTAG, 7. September 2024

Ernte

Der zweite Festivaltag begann mit klassischem Black Metal von der Schweizer Band Ernte. Mit Corpsepaint geschmückt und einer düsteren Bühnenpräsenz, hielten sie das Publikum mit ihren atmosphärischen Riffs in Bann. Trotz ihrer jungen Karriere zeigte die Band ihr Können und spielte auch Songs aus ihrem dritten Album, das dieses Jahr erschienen ist. Sie bewiesen eindrucksvoll, dass die Schweizer Black-Metal-Szene weiterhin lebendig ist.

Knife

Nach der düsteren Black-Metal-Einlage von Ernte brachte die Band Knife mit ihrem blackened Thrash Metal wieder Bewegung ins Publikum. Der Sänger, dekoriert mit Nieten und einem „Kill ’em All“-Shirt, forderte lautstarke Reaktionen ein, doch das Publikum brauchte einen Moment, um in den Festivalrhythmus zu finden. Bald jedoch startete eine Moshpit, bei der es so wild zuging, dass man sich fragte, ob alle in der Menge heil davonkommen würden. Mit rasanten, punkartigen Riffs und Songs wie «Inside the Electric Church» heizte die Band das Publikum ordentlich ein.

Epicardiectomy

Mit Epicardiectomy kam Partystimmung auf. Die tschechische Band lieferte die perfekte Mischung aus brutalen Growls, schweren Riffs und fetten Drops, die das Publikum zum Toben brachten. Als der Sänger immer wieder «This is your chance» schrie, folgte jedes Mal ein energischer Drop, der von fliegenden Bierbechern, Moshpits und wildem Headbangen begleitet wurde. Die Songs, mit ihren verstörenden Titeln, sorgten dafür, dass die Goregrind-Party in vollem Gange blieb.

Requiem

Die Schweizer Death-Metal-Band Requiem brachte die nächste Dosis Härte. Dank eines Schattens vor der Bühne konnten sich die Metalfans ein wenig vor der Sonne verstecken. Auch die Band spürte die Hitze, und Sänger Michi Kuster warf schon nach den ersten Songs sein Shirt ins Publikum, das dies mit zustimmendem Headbangen quittierte. Kuster, sichtlich ausser Atem, scherzte, dass auch das Publikum erschöpft wäre, wenn es ordentlich mitmachen würde. Auf diese Aussage folgten selbstverständlich Taten und die Menge bebte.

Virvum

Virvum zeigte eindrucksvoll, wie vielfältig Death Metal sein kann. Die Schweizer Band präsentierte technisch anspruchsvollen Progressive Death Metal, der sich stark von den vorangegangenen Bands abhob. Mit Songs von ihrem einzigen Album boten sie eine Mischung aus langsamen, gefühlvollen Passagen und knallharten Blastbeats. Die untergehende Sonne und die präzise ausgeführte Musik sorgten für eine intensive Atmosphäre.

Ensiferum

Die Bühne war bereit für einen epischen Höhepunkt: Ensiferum, die unangefochtenen Könige der Kriegsmusik, betraten die Szenerie. Es begann majestätisch mit einem heldenhaften Intro aus Hörnern, bevor die finnischen Wikinger mit «From Afar» die Schlacht eröffneten. Man spürte sofort: Hier ging es um mehr als Musik – es war Kampfgeist, der die Fans elektrisierte. Auch die Band selbst wirkte überwältigt von der Atmosphäre und erklärte mit Stolz, wie sehr es sie ehre, am Meh Suff zu spielen. Als sie den epischen Track «Warrior Without a War» anstimmten und die Dämmerung hereinbrach, verstärkten die blitzenden Stroboskope die stakkatoartigen Riffs und machten den Moment geradezu magisch. Doch die Energie war noch lange nicht aufgebraucht. Zu «Run From the Crushing Tide» entlud sich die geballte Kraft in einer wilden Mosh-Pit, in der die Fans alles gaben. Die Überraschung war gross, als sie einen Song von ihrem neuen Album «Winter Storm» anstimmten – das Publikum nahm es begeistert auf und feierte die Band frenetisch. Zum Abschluss spielten sie «Axe of Judgement» mit ungebrochener Leidenschaft, und die Verbindung zwischen Band und Fans erreichte einen Höhepunkt. Ensiferum verabschiedete sich mit einem wuchtigen Knall und hinterliess eine Menge, die bereit war, die Nacht durchzufeiern.

Emperor

Nach dem letzten Auftritt war das Publikum mehr als nur munter; die Spannung in der Luft war greifbar, denn nun stand der Hauptact, die legendäre Band Emperor, auf der Bühne. Alles begann mit verheissungsvoller Musik, während die Band in dichtem Nebel auftrat und dabei wie schemenhafte Gestalten wirkte. Diese geheimnisvolle Präsenz passte perfekt zu Emperor, einer Formation, die sich immer wieder vereint, um das Publikum mit ihrer einzigartigen Musik zu fesseln. Ein diabolischer Schrei durchbrach die Stille und kündigte den Beginn eines meisterhaften Symphonic Black Metal Sets an. Das Licht wechselte zu einem frostigen Blau, das die Eiseskälte verkörperte, welche die nordische Band umgibt und ihre Musik so unverwechselbar macht. Zwischen den Songs liessen sie sich Zeit, damit die abgrundtief bösen Klänge ihrer Musik im Gedächtnis der Zuhörer nachhallen konnten. Sie überzeugten auf ganzer Linie – es war kein Corpsepaint nötig, um die düstere Atmosphäre zu vervollständigen. Als sie schliesslich ihren Klassiker «I Am the Black Wizards» anstimmten, wurde deutlich, dass die Titanen des Black Metals erneut bewiesen, dass sie das personifizierte Böse sind, das gebührenden Respekt in der Szene verdient. Mit einem Namen wie «Emperor» kann wirklich nichts schiefgehen.

Messiah

Messiah startete ihren Auftritt mit diabolischer Intensität. Zwei übergrosse Jesusköpfe zierten die Bühne, und mit donnernden Drums, schneidenden Gitarren und wütenden Vocals bot die Band eine brutale Performance. Der Bassist Patrick Hersche legte ein beeindruckendes, aggressives Spiel hin, während die Band mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durch ihre Setlist raste. Auch nach vierzig Jahren haben „Messiah“ nichts von ihrer Bissigkeit verloren und bewiesen, dass sie immer noch an der Spitze der Schweizer Metal-Szene stehen.

Rectal Smegma

Obwohl das Festival dem Ende zuging, hatte niemand vor, frühzeitig in den Schlafsack zu kriechen. Rectal Smegma lieferte eine explosive Goregrind-Show, die normalerweise am Mittag zum Aufwecken der Menge gespielt wird. Aber auch zu dieser späten Stunde sorgte die Band für Bewegung im Publikum, und es bildeten sich trotz Müdigkeit noch einige Moshpits. Mit einem kraftvollen, kurzen Set verabschiedete sich die letzte Band des Abends und hinterliess das Publikum voller Energie und Festivalglück.

Erik Nilsson

 

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