LEONARD COHEN
You Want It Darker
Sony Music
hef. Das ist wohl der nächste Kandidat für den Literatur-Nobelpreis eines Song-Poeten. Nicht nur für seine Songtexte, sondern vielleicht auch für seine Bücher. Bevor er nämlich zur Gitarre griff und Platten produzierte, war der mittlerweile 82-jährige Kanadier ein bekannter Schriftsteller. Mit seinem 14. Album blickt der Sänger/Gitarrist auf sein langes Leben zurück. Doch während er auf seinen ersten Scheiben noch richtig sang, machte er in den letzten Jahren vor allem den tiefstmöglichen Sprechgesang zu seinem Markenzeichen. Dabei ist der Albumtitel “You Want It Darker” fast schon zynisch. Schwärzer, unheilschwanger und minimalistischer kann man wohl kaum musizieren.
Das Larmoyante in seiner Art des Singens stimmt hier teils treffend überein mit dem textlichen Inhalt. “Ich bin die ganze Zeit wütend und müde. Ich wollte, zwischen meiner und deiner Liebe würde ein Pakt bestehen”, singt er beinahe flehentlich im zweiten Titel “Treaty”. Fast flüsternd und zart, von sanften, stark im Hintergrund gehaltenen Chören, einem drohenden Bass, von einem Keyboardsteppich samt melodiösen Geigenklängen begleitet wie etwa im Titel “It Seemed The Better Way” – da kann einem nahezu das Fürchten kommen. Wollen wir das wirklich so düster und so schwarzdunkel? Mit “Steer Your Way” gleich dahinter kommt nämlich direkt Stimmung auf. Cohen singt leicht beschwingt, die Geigen tun das ihre, um ein bisschen Fröhlichkeit hineinzuzaubern. Doch gleich drauf zum Schluss kommt’s wieder knüppeldick. Trauerklänge mit Celli, die instrumentale “String Reprise / Treaty”, das letzte der nur gerade acht neuen Lieder. Worte wie “it’s over now with the water and the wine. we’re broken then and now we’re borderline” – depressiver geht’s wohl kaum. Was einen sogar zu einem Vergleich verleiten könnte: Reprise gleich Requiem?