KROKODIL

Text: Robert Pally

Fotos: Archiv Düde Dürst

Krokodil waren Ende der 1960er Jahre Pioniere der Schweizer Psychedelik- Progressive-, und Blues-Rock-Szene. Die 1969 ins Leben gerufene Zürcher Band um Hardy Hepp (Hand In Hand, Heppchor, Solo, Moderator die Musiksendung “Hits A Gogo”, u.a.) Düde Dürst (Les Sauterelles, Hand In Hand, Jo Geilo Heartbreakers, Dodo Hug, u.a. ), Terry Stevens (The Victors), Mojo Weideli (The Crockets, New Nadir, Anselmo Trend) und Walty Anselmo (Walty Anselmo Set,  Anselmo Trend) veröffentlicht jetzt ihre ersten, bis dato unveröffentlichten Aufnahmen auf LP. Im Interview redet Schlagzeuger Düde Dürst über den ersten Auftritt, Coversongs, Filmmusik, Eigenständigkeit, Drogen und Zigarettenwerbung.

“The First Recordings” enthält neben einer LP auch eine DVD mit der Geschichte von Krokodil. Wieso dieser Aufwand?

Die Idee für eine LP/DVD entstand als ich mit der Krokodil-Dokumentation fertig war und ich mir überlegte, wie die DVD herausgeben. Da ich die First Recordings gleichzeitig zusammenstellte und als Master bereit hatte, war für mich klar, beides in einem Paket zu veröffentlichen.

Die Absicht hinter der DVD?

Über Krokodil wurde viel geschrieben, aber nie eine Doku erstellt. Da ich wahrscheinlich das grösste Krokodil Archiv von Bildern, Movies und Audio habe, habe ich vor ca. vier Jahren damit begonnen, eine solche Doku zu erstellen.

Wieso habt ihr euch entschieden, “The First Recordings” nur als LP zu veröffentlichen?

Als wir für diese Aufnahmen im Studio waren gab es noch keine CD. Also war es für mich naheliegend und auch authentisch, das auf Vinyl zu pressen. Vielleicht werde ich das Album später noch zum Download anbieten.

Inwiefern ist Krokodil “Still A Part Of Me (you)” (Titel der DVD)?

Die Zeit mit Krokodil hat mich bis heute musikalisch geprägt und ist einer der wichtigsten Parts meiner Musikerlaufbahn.

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KROKODIL 1969

Die LP “The First Recordings” enthält, wie der Titel schon sagt, eure ersten Aufnahmen. Euer erstes offizielles Werk von 1969 enthält mit “You’re Still A Part Of Me” gerade mal einen Song dieser Aufnahmen. Wieso wurden die “The First Recordings” nicht zu eurem ersten Album?

Damals hatte sich für diese Aufnahme Ex Libris interessiert und hatte sogar begonnen, Schallplatten zu pressen. Zur selben Zeit ging Teddy Meier von der EMI Schweiz nach München zu LIBERTY und spielte dem damaligen Direktor Sigi Loch das Tape vor. Er fand  Band und Musik super, aber die Aufnahmen zu wenig professionell. Er offerierte uns einen Vertrag und erwirkte das Einstampfen der Ex Libris-Pressung bevor sie auf den Markt kam. Für das Liberty Label haben wir dann „Blue Flashing Circle“, „You’re Still A Part Of Me“ , „Hurra! Alive“ und „Don’t Make Promises“ in München im Trixie Studio neu aufgenommen. Die restlichen Titel der First Recordings waren nicht gefragt und landeten in meinem Archiv.

Wenn ich richtig recherchiert habe, sind als Songs bloss “Hey Don’t You care”, “When I Was a Child”, “I Was Cool” (Velvet Opera) und “Blue Krokodil” unveröffentlicht. Wieso wurden diese Songs bisher nicht veröffentlicht?

Sie gingen einfach im Archiv vergessen. Während der Arbeit an der DVD habe ich sie dann wieder entdeckt.

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Mit “Don’t Make Promises” von Tim Hardin und “I Was Cool” von Velvet Opera sind auch zwei Coverversionen drauf.  Von “I Was Cool” abgesehen, habt ihr immer wieder gerne “artfremde” Songs gecovert, z.B. “Morning Dew” (Tim Rose) und “Billy Dee” (Kris Kristofferson). Was hat euch daran gereizt?

Es hat uns immer mal wieder gereizt, neben den eigen Titeln weniger populäre, aber gute Kompositionen auf unsere Art zu covern.

DÜDE DÜRST

Rückblickend welches eurer fünf Alben gefällt dir heute am besten? Wieso?

Es gibt für mich kein bestes. Ich finde jedes der Alben hat seine Qualität und Geschichte und zeigt den musikalischen Weg, den wir gegangen sind.

Wieso habt ihr euch eigentlich Krokodil getauft?

Als wir für die Band einen Namen suchten, war für uns sofort klar: Er sollte deutsch und, anders als es damals angesagt war, klingen. Walty Anselmo, unser Gitarrist, hatte für kurze Zeit ein kleines lebendiges Krokodil zuhause. Dieses inspirierte uns und wurde zu unserem Bandnamen. Krokodil war auch international verständlich.

Euer erster Auftritt fand am 19.April 1969 im Blow Up Club in Zürich statt. An was erinnerst du dich noch?

Die Band war für die damalige Zeit eine Sensation in Zürich. Man betitelte uns als die erste Schweizer Super-Group. Das Blow Up war brechend voll, Superstimmung und euphorische Komplimente, was uns natürlich gut tat, da wir für diese Zeit in der Schweiz mit so einem Band- und Musikkonzept ein Risiko eingingen, was sich dann später in der Schweiz bestätigte. Es gab hier für diese Musik zu wenige Auftrittsmöglichkeiten, was dazu führte, dass wir vermehrt im Ausland spielten.

Krokodil Blow up 19.4.69

Laut Hardy Hepp (Aussage auf der DVD)  wolltet ihr etwas Eigenes machen, nicht andere nachspielen. Was ist das Charakteristische von Krokodil?

Wir waren eine der wenigen Schweizer Profibands. Sicher war der Sound, der mit dem vielseitigen Einsatz von damals nicht so populären Instrumenten wie Mundharmonika, Sitar, Geige, Tablas, Flöte, etc. sehr aussergewöhnlich. Auch dass wir je nach Komposition und Arrangement die Instrumente wechselten und wir drei Leadsänger hatten machte das ganze eigen.

Auf eurer Homepage steht: “Niemand soll uns bestimmen können, weder ein Manager, noch sonst jemand. Wir wollen frei sein von allen möglichen nicht musikalischen Interessen. Gute Musik entsteht nur, wenn sie frei ist”.  Wie passt das damit zusammen, dass ihr als erste Single mit “Camel Is Top” einen Werbesong für Camel Zigaretten aufgenommen habt?

Die Anfrage von Reynolds Zigaretten für einen Camel-Song (die Band gab’s knapp drei Monate) war ein Glücksfall für uns. Man gab uns absolute Freiheit, den Song zu komponieren, arrangieren und auszuführen. Dazu kam eine grosse Gage, die uns half, das Band- Equipment plus das Bandauto zu kaufen. Somit hatten wir einen Superstart und waren in unserem Bandkonzept nicht eingeschränkt.

Ihr habt für den Mode-Unternehmer und Filmemacher Willy Bogner zu seinem Film “Stehaufmännchen” (1970) Filmmusik. Wie kam es dazu?

Die Anfrage für seine Filmmusik lief über Liberty Records, welche diverse Bands vorschlug. Willy entschied sich für uns.

Drogen waren gerade in den Sechzigern und Siebzigern sehr präsent in der Musikszene. In wie weit haben Drogen bei euch eine Rolle gespielt und als Inspiration gedient?

Als Musiker war es zu dieser Zeit einfach, an Drogen zu kommen, was dazu führte, dass wir sie auch oft benutzten, beim Komponieren, Proben und auf der Bühne. 20 Minuten lange Kompositionen wie „Dabble In Om“ entstanden oft unter Drogeneinfluss.

Wie kam es zu deinem Soloalbum im Jahre 1970?

Es war gerade die Zeit von „In A Gadda Da Vida“ von Iron Butterfly, mit vielen Schlagzeugparts. Ich wollte auch so etwas ausprobieren und ging bekifft mit drei Freunden für einen Tag ins Studio trommeln. Dieses Tape hörte Liberty Chef Sigi Loch und gab mir noch einen zusätzlichen Studiotag, mit der Auflage, es kommerzieller zu gestalten was mir nur so halbwegs gelang. Sigi veröffentlichte es trotzdem.

Was hat zum Ende von Krokodil geführt?

Diverses. Die Discowelle war stark im Anzug, das Interesse am Psychedelic Underground Rock liess stark nach, wir hatten zu wenige Live-Gigs und Drogenprobleme etc.  Ich wollte als Bandleader und Manager von Krokodil die Band auflösen. Da sich Terry, Walty und Mojo damit nicht anfreunden konnten und unbedingt weitermachen wollten, gab ich den Austritt. Da keine Gigs mehr in Aussicht waren, kam das Ende von Krokodil leider für sie sehr schnell.

Besteht trotz des Hinscheidens von Mojo Weideli 2006 die Chance auf eine Krokodil Wiedervereinigung?

Nein. Jeder geht heute seinen musikalisch eigenen Weg und Mojo mit seinem speziellen Harpspiel würde fehlen und wäre wohl schwer zu ersetzen.

Wie geht es mit Krokodil weiter? Habt ihr Projekte für die Zukunft?

Krokodil wird es live nicht mehr geben. Ich werde weiterhin nach Ton– und Bildmaterial von Krokodil für mein Archiv suchen und in nächster Zeit den Backkatalog auf dem eigenen Label „Krokodil-Records“ neu auflegen.

Diskographie:

-Krokodil (1969)

-Swamp (1970)

-An Invisible World Revealed (1971)

-Getting Up For The Morning (1972)

-Sweat And Swim (Doppelalbum, 1973)

 

Düde Dürst “Krokodil Solo” (1970)

Mehr Infos über Krokodil sind hier zu finden: www.krokodil.li

Krokodil “The First Recordings” (LP & DVD) erhältlich hier: www.klangundkleid.ch/records

Hanns
About Hanns Hanneken 528 Articles
Hanns, der Gründer von TRACKS, ist der CH-Musikszene seit den 80er-Jahren als Produzent, Musiker und Redaktor eng verbunden. Er war jahrelang Chefredaktor des Schweizer Musikmagazins MUSIC SCENE, des deutschen Magazins MUSIK SZENE und arbeitete für u. a. MUSIK EXPRESS, METAL HAMMER.