Echte
Hingucker
Ist ja schon klar. Musiker machen Musik, und wenn sie diese veröffentlichen, braucht es irgendwie ein Bild dazu, man sagt dem Cover – egal, ob die Musik digital oder handfest angeboten wird, und egal, ob in Form einer Single oder eines Albums. Und jedes Mal stellt sich die Frage: Was wollen wir denn zeigen auf dem Cover? Welches Bild (ja genau:) versinnbildlicht meine Musik am besten?
Manche Musiker haben die hohe Kunst des guten Covers in unseren Zeiten der digitalen Beliebigkeit leider ziemlich vergessen. Was auch damit zu tun hat, dass uns das weltweite Internetz ganz viele sich selber arg überschätzende Amateure beschert hat, nicht nur in der Musik. Aber es gibt zum Glück immer noch ganz viele Musikerinnen und Musiker, die wissen, dass zu guter Musik auch ein gutes Cover gehört. Die Rival Sons zum Beispiel mit ihrem bunten Hund auf «Feral Roots», Amon Amarth mit ihren Vikingern ganz grundsätzlich und Oldschoolerin Suzy Quatro vor dem massigen Zahnrad auf «No Control» sowieso. Und all die Bands und Musiker, die ihren Hörern und Hörerinnen vom Cover aus direkt in die Augen schauen.
Was uns zum Kern unserer heutigen Betrachtung bringt: Cover, auf denen die Musiker irgendwo hingucken, aber nicht in die Augen des Betrachters. Das ist natürlich nicht neu. Das bedeutungsschwanger inszenierte Gesichtsprofil zum Beispiel ist spätestens seit den Blue-Note-Jazzern als veritable Kunstform etabliert. Bryan Adams knüpft mir «Shine A Light» irgendwie hier an.
Sonderbarerweise häufen sich in letzter Zeit aber die Cover, auf denen die Musiker und Musikerinnen sonstwo hingucken. Bei Toni Vescoli geht das ja noch halbwegs in Ordnung, der schaut auf «gääle Mond» wenigstens zum… genau: gääle Mond. Und Baum schaut sich auf «Kingdom Of The Upright Man» einen… genau: Baum an.
Richtig schlimm aber ist: Viele Solisten schauen derzeit ins Leere – und zwar ganz angestrengt, als wäre da draussen irgendwas Aufregendes. Emilie Kahn auf «Outro» zum Beispiel und Loco Escrito auf «Adios» ganz besonders. Noch richtiger schlimmer sind diejenigen, die trübselig auf den Boden starren und dabei einen unfröhlichen Hauch von Orientierungslosigkeit versprühen. Cyrille Aimée auf dem Album namens (ausgerechnet) «Move On» und Dana auf (herrje!) «True» wirklich besorgniserregend. Wenigstens lacht Stephanie Heinzmann dabei von Herzen, wenn sie neuerdings «All We Need Is Love» singt. Interessante Frisur übrigens.
Das Orientierungslos-aber-irgendwie-ergriffen-in-die-Welt-Hinausschauen ist bei den Singer/Songwritern besonders beliebt. Das ist wenig überraschend, weil die sind schon mal grundsätzlich ergriffen und müssen überdies beim Singen sowieso dauernd ins Lagerfeuer starren. Aber angesichts der auffälligen Häufung dieser Art von Cover drängt sich die Frage auf: Leidet die Musik an Orientierungslosigkeit?
Ach ja: Den Titel «Cover des Jahres» kriegt wohl jetzt schon Amanda Palmer für «There Will Be No Intermission». So geht Nicht-Hingucken!
Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass Bono Vox verboten werden sollte.
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