Spotify
≠ Musik
Also da ist ein neues Album von John Butler und seinem Trio raus. Heisst «Home». Ich mag das John Butler Trio. Das ist wunderbare Surfermusik, die schwerelos über die grössten Blueswellen gleitet, die leichtfüssig Kapriolen schlägt und die trotzdem getrieben ist von einer Sehnsucht nach irgend etwas Unerreichbarem. Diesen Songs liegt ein tiefes Verständnis von Blues zugrunde und ein unerschöpflicher Quell schöner Ideen. Jedenfalls war das bis zum letzten Album «Flesh & Blood» so, das erschien vor drei Jahren.
Und nun kommt also «Home», und ich versteh die Welt nicht mehr: Das sind bis zur Peinlichkeit flache Klingklangliedchen ohne Ziel und ohne Tiefe. Aus den Blues-Jaws ist harmloses Geplätscher geworden. Geradezu ein Ärgernis. Was ist da geschehen?
Normalerweise würde man jetzt recherchieren und bei der Plattenfirma nachfragen: Was ist dem armen Australier widerfahren, kann man helfen, herrje was ist los? Aber dazu habe ich keine Lust. Weil mich nämlich ein Verdacht plagt, der das Ganze noch viel unangenehmer macht: Hat sich John Butler entschlossen, seine Musik radikal Spotify-tauglich zu machen?
Ihr wisst schon: Weil Kunden auf Spotify vor lauter Überangebot fast nur noch durch Songs zappen, statt sich Songs anzuhören, ist der Druck auf die Musiker ins Immense gestiegen, Aufmerksamkeit zu heischen und ihre Musik dem Konsumverhalten ihres Publikums anzupassen. Das heisst: Schnell zur Sache kommen. Nicht mehr als fünf Sekunden Vorlaufzeit. Und so schnell als möglich zum Refrain. Dieser muss aber sowas von eingängig sein. Nicht anspruchsvoll klingen, sondern dienend.
So entsteht ein Einheitsbrei, der immer gleich klingt, egal, wer musiziert. Man spricht ja inzwischen schon von Spotify-Musik als eigene Stilrichtung. Dass Bands wie The Script und Imagine Dragons reiner Spotify-Porno sind, weiss man inzwischen. Hat nun auch John Butler seine Kreativität am Spotify-Altar geopfert?
Das frage ich mich, weil ich misstrauisch geworden bin, seit ich mich speziell auf Spotify-Musik achte. Das ist ein bisschen wie bei Schönheitsoperationen: Wenn man erst mal weiss, worauf man achten muss, erkennt man plötzlich tausende operierter Gesichter, die zwar alle fast wie echt aussehen, aber eben nicht echt sind.
So ist das auch mit Spotify-Musik. Und nach und nach erkennt man Spotify-Musik auch am Radio, weil Radios ja Mainstream spielen, und Spotify ist der neue Mainstream. Das ist fürchterlich besorgniserregend. Zum Beispiel frage ich mich nun plötzlich, warum auf dem neuen Album von Monster Truck «Young City Hearts» so ganz anders weil sonderbar eingängig klingt als alle anderen Songs auf «True Rockers». Oder warum «Beautiful Trauma», das letztjährige Album von Pink, das ich neulich erstanden habe, so gar nichts mehr zu tun hat mit dem erfrischenden Frauenpower der vorhergehenden Alben, sondern nur noch klingt wie hunderttausend andere Spotify-Alben.
Jetzt haben wir mit dem Internet ein doppeltes Problem: Einerseits hat das Digitale Jekami eine Bühne geschaffen für tausende von Bands, die keine gute Musik machen und deshalb den guten Bands im Weg stehen. Anderseits haben die guten Musiker angefangen, sich Spotify anzupassen, was zu einem unerträglich langweiligen Einheitsbrei führt.
Tja. Schöne Scheisse.
Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass Bono Vox verboten werden sollte.
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