Anti
Depressivum
Also das ist jetzt ganz traurig: Der Avicii ist tot. Hat sich irgendwie überarbeitet, sich deswegen mit Alkohol abgeschossen und dann letzten April seinem Leben eigenhändig ein Ende gesetzt, so der Polizeibericht, die Fans waren traurig, seine Angehörigen haben gesagt: «Er konnte nicht mehr», er war 28, jetzt ruht Tim Bergling auf einem Unesco-Weltkulturerbe-Waldfriedhof in Schweden. Schon letzten Dezember hat sich der südkoreanische Boygroup-Sänger Kim Jong-Hyun aus lauter Popstardepression das Leben genommen. Mögen sie in Frieden ruhen.
Nach Aviciis Beerdigung brach ein Damm: Jetzt outen sich plötzlich Popstars auf der ganzen Welt und gestehen auf Instagram und Facebook, dass sie imfall auch von Depressionen geplagt sind. Weil das Leben als Popstar ist nämlich überhaupt nicht lustig, es ist im Gegenteil scheissanstrengend. Mariah Carey ist vor lauter Starruhm manisch-depressiv geworden. Lady Gaga hat Depressionen. Robin Pecknold von den Fleet Foxes hat welche. Dave Navarro von den RHCP hat auch welche. Selena Gomez. Kanye West. Beyoncé. Sia. Sogar Scott Hutchinson von der komplett unbekannten Band Frightened Rabbit hat welche. Und wer ist Demi Lavato? Die hat nämlich auch welche
Und plötzlich tun alle so, als wär es total beschissen, Popstar zu sein. Als könnten die alle überhaupt nichts dafür. Da wird man irgendwie unverhofft Popstar, und schwupps: Depro! Schöne Scheisse. Im Zuge des Burnout-Trends bestätigen jetzt auch Psychologen und Therapeuten, dass Popstar ein Beruf mit ausgeprägtem Depressionsrisiko ist.
Jetzt aber mal Hand aufs Herz: Das wirklich Aussergewöhnliche am Tod des Techno-DJs Avicii ist, dass seine Überdosis nicht von Ecstasy- und anderen psychoaktiven Pillen herrührte, sondern von Alkohol. Weil Techno extra für MDNA und Ähnliches erfunden wurde. Zudem findet Techno in der Regel von Mitternacht bis zum Morgengrauen statt. Techno ist also per se ungesund. Während Leute wie Kanye West, Lady Gaga und Selena Gomez wahrscheinlich mehr an Selbstüberschätzung leiden als an Depressionen. Und noch immer gilt: Rock’n’Roll hatte immer schon eine vergleichsweise hohe Sterblichkeitsrate. Ist doof für die Betroffenen, aber ist halt so. Das ist ein bisschen wie bei den Schreinern, die drei Bier mit fünf Fingern bestellen.
Rock’n’Roll ist hart, schnell und intensiv. Da muss man durch, wenn man mit Musik berühmt werden will. Und Strategien entwickeln, wie man damit zurechtkommt. Zum Beispiel ein Kopftuch tragen und altersweise Kolumnen in der «Schweizer Illustrierten» schreiben. Wobei sogar diese Kolumnen irgendwie Rock-‘n‘-Roll-geschädigt wirken.
Deshalb lob ich mir Leute wie Moby: Er machte ein Album über die Einsamkeit des Rockstars im Hotelzimmer nach dem Stadionauftritt. «Destroyed» und der dazu gehörende Fotoband waren sehr eindrücklich. Und glaubwürdig. Moby ist trotzdem bis heute ein Popstar mit robuster Gesundheit geblieben. Obwohl speziell bei ihm vegane Ernährung und täglich literweise Fruchtsaft erschwerend dazukommen.
Wer als Rockstar trotzdem Depressionen hat, kann sich jetzt auch an unsere Schweizerischen Bundesbahnen wenden: Die haben grad eine Anti-Suizid-Kampagne lanciert.
Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass Bono Vox verboten werden sollte.
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