
Bye bye
by now
Die Welt ist am Arsch, wir habens ja schon immer gewusst. Die Rolling Stones spielen in Zürich wie die Rolling Stones, die Rolling Stones spielen. Der «Rolling Stone» steht zum Verkauf, weil sich irgendwie niemand mehr für guten Musikjournalismus interessiert. Derweil lesen in «20 Minuten Friday» Tausende die Besprechung des neuen Albums von Shout Out Louds, in der zehn Zeilen lang nichts, aber auch gar nichts, nicht das kleinste bisschen Information zur Musik geschrieben steht. Scheisse ist das. Echt. Und nun geht auch noch das «Tracks» zu Boden. Weil jetzt alle, die mit Inseraten das Heft am Leben hätten halten können, ins Netz abwandern und dort aber genauso hilflos und unentschlossen im Gaggo rumwuseln, wie sie es die letzten paar Jahre schon analog getan haben. In den Plattenfirmen arbeiten Leute, die Musik nicht anders betrachten als ein paar Schuhe oder Genmais: als handelbare Ware ohne Herz und Seele. Das ergibt eine nicht kuratierte Flut von klingendem Müll, die einem die Lust an der Musik madig macht. Kein Wunder, klammern sich alle an die Rolling Stones, da weiss man wenigstens, was man kriegt.
Aber es ist nun mal so: Das «Tracks», zumindest in der real geprinteten Heftliform, ist Geschichte. Danke, Hanns, du Haurein Hanneken! Du bist ein Held. Falls die Gemeinde Wallbach seit meinem letzten Besuch bei dir einen Kreisel gebaut haben sollte: Deine Statue gehört da rauf als Zierde des Dorfes und als Zierde der Schweizer Musikszene und der Musik überhaupt. Danke!
Und danke allen, die das Heft lebendig gemacht haben. Und danke all euch Fanatikern da draussen, die ihr Musik nicht als Geräusch, sondern als Lebensgefühl begreift. Oder um es im Sinne von Lemmy zu sagen: We are Tracks – and we are Rock ’n’ Roll!
Allen anderen möchte ich die eine und andere Lebensweisheit mit auf den Weg geben: Bewegt eure lahmen Ärsche. Schaltet euer Gehirn ein. Kauft Musik. Kauft den «Rolling Stone», jetzt erst recht. Macht die Seele der Musik spürbar. Verweigert euch der Flut von Scheissplatten. Streckt den Mittelfinger hin und wieder. Nehmt endlich Haltung an. Vergesst diesen Immer-Alles-Humbug. Und vergesst diesen Ich-jetzt-alles-Blödsinn. Werdet nie nostalgisch – es sind bloss die Zeiten, die sich ändern. Macht mehr Sex, herrgottnochmal. Und macht die Augen auf!
Und was unseren alten Freund Bono Vox betrifft: Geh mit Gott. Aber geh.
Tracks 6 17 (November/Dezember 2017)
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