Wir danken dir auf Knien, grosse, weise Loreen! Nicht, weil du den Eurovision Song Contest nach Malmö geholt hast. Den finden wir zwar jedes Jahr nicht lustig, schauen ihn aber trotzdem immer wieder in der Hoffnung, dass die Türken endlich mal was ordentlich Bauchtanziges darbieten. Wir danken dir auch nicht für deinen neuen Song «We Got The Power», der nur so tut, als wäre er ein Lied. Und schon gar nicht danken wir dir für die digitale Re-Edition deines Debüt-Albums, weil wir sehr gut ohne marktgerecht aufs Zielpublikum zusammengeschusterte Klänge zurechtkommen.
Wir danken dir, liebe Loreen, für die Weisheit, mit der du aus diesem Jammertal eine bessere Welt machst. Beziehungsweise für deine Durchschaubarkeit. Du sagst: «Musik besitzt eine wahnsinnige Kraft und einen enormen Einfluss auf die Menschen.» Aha. Und jetzt kommts: «Sie kann dich traurig machen, sie kann dich glücklich machen und dir Kraft geben. Sie kann dein Denken komplett verändern!» Wer hätte das gedacht! Musik kann dein Denken komplett verändern! Ob sie damit die Gefangenen Bartträger in Guantanamo meint, die mit Eminem und Metallica gefoltert werden? Oder «Psychonaut» von Brainticket? Wohl kaum. Weil Loreen erst 20 Jahre alt ist und sich ihrer Jugend entsprechend wahrscheinlich weder für Politik noch für LSD interessiert (okay, LSD vielleicht).
Natürlich, wo sie recht hat, hat sie recht: Bob Dylans «Blowin’ In The Wind» hat nicht nur das Denken, sondern die ganze Welt verändert. Beziehungsweise einer anstehenden Veränderung den nötigen Schupf gegeben. England wäre heute ein anderes Land ohne «God Save The Queen» von den Sex Pistols. Und wären die Schweden je ein so fröhliches Volk geworden, hätten ihm nicht ABBA jahrelang die gnadenlose Unbeschwertheit eingetrichtert? Eben. Vielleicht weiss das Loreen bereits. Vielleicht auch nicht.
Aber was der ganze Rest der Welt mit Bestimmtheit weiss: Loreens Erkenntnis ist kalter Kaffee. Jedes Kind versteht instinktiv die Beats von DJ Bobo.
Dass Loreen zu ihrem neuen Lied, das nur so tut, als wäre es ein Lied, nichts Gescheiteres einfällt als eine Weisheit, die nur so tut, als wäre sie eine Weisheit, ist betrüblich. Insofern hat Loreen mehr als recht, wenn sie sagt, dass Musik die Menschen traurig machen kann. Jedenfalls ihre Musik. Und das wiederum erfüllt uns mit Dankbarkeit, liebe Loreen, denn wir erkennen durch dich, was Weizen und was Spreu ist, was Rat und was Unrat. Denn wo es nichts zu sagen gibt, steckt auch nichts dahinter.
Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass Bono Vox verboten werden sollte.
Tracks 4 13 (Juli/August 2013)
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