Alles Gute
zur Pension
Nun ja: Musiker musizieren. Das ist ihr Job. Und das ist das Problem. Denn weil Musiker kreative Berufsleute sind oder viel eher berufliche Kreative, ist ihr Job nicht an ein Pensionsalter gebunden. Das ist zwar schön. Wenn zum Beispiel Musiker wie BB King mit bald 90 Jahren immer noch den besten Blues zelebrieren oder schräge Vögel wie Seasick Steve überhaupt erst im Pensionsalter ihr gesegnetes Talent für Musik entdecken. An dieser Stelle gedenken wir auch Jon Lord und seines grossartigen Alterswerks.
Aber das sind leider die Ausnahmen. Denn viel zu oft kommt alternden Berufsmusikern die Kreativität abhanden, und dann werden sie mit eiserner Zuverlässigkeit zum Abglanz ihrer selbst. Nehmen wir zum Beispiel Bob Dylan. Warum sagt dem eigentlich niemand, dass er sich seit Jahren nur noch lächerlich macht? Leonard Cohen hat schon wieder ein Album veröffentlicht, das man bestenfalls als Hörbuch bezeichnen könnte. Der extrem fade Tony Bennett klammert sich mit seinen 88 Jahren auf seinem neuen Album an die extrem lustige Lady Gaga (der nebenbei gesagt schon mit 28 die Ideen ausgegangen sind). Und natürlich Carlos Santana. Hält sich seit Jahren nur noch mit Hilfe wohlgesinnter Friends über Wasser, die seine rasende Belanglosigkeit mit ein paar Schnörkeln aufpeppen. Das langweilt mittlerweile sogar seine härtesten Nostalgie-Fans.
Nun aufersteht sogar Smokey Robinson von den klinisch Toten. Sein Album heisst bezeichnenderweise «Smokey & Friends». Sein silikonunterlegtes Gesicht ist bis zur chirurgischen Altersmarke von gefühlten 20 Jahren in den Scheitel gezerrt, sieht aber kaum besser aus als die Maske von Freddy Krueger. Noch Fragen?
Ja! Bruce Springsteen kann sich zwar den besseren plastischen Chirurgen leisten als Smokey Robinson, aber warum sieht Springsteen nur unwesentlich unverzerrter aus als Robinson? Und überhaupt: Wie kann sich Springsteen mit dermassen verfälschten Gesichts-Tatsachen immer noch als erste Instanz aufrichtiger Ehrlichkeit aufführen? Und mit diesen beiden Fragen haben wir noch kein einziges Wort über seine letzten paar Platten verloren…
Die Liste dringend nötiger Zwangspensionierungen liesse sich fast beliebig weiterführen. Die Ausnahmen bleiben rar. Und genau das führt uns geradewegs ins Dilemma. Denn als passionierte Musikfreunde möchten wir die richtig guten Post-Pensions-Produktionen nicht missen, auch wenn es nur ein paar wenige sind. Aber lohnt sich der Aufwand, diese rauszufiltern?
Zu allem Übel kommt jetzt auch noch Bono Vox mit einem neuen Album. Der Herr der Brille ist zwar noch nicht pensioniert, klingt aber seit Jahren so, als wäre er das schon längst. Habe ich im übrigen schon erwähnt, dass ich der Ansicht bin, dass Bono Vox verboten werden sollte?
Tracks 6 14 (November/Dezember 2014)
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