DIE ÄRZTE
Auch
Universal
pc. „Ist das noch Punkrock, wenn Euer Lieblingslied in den Charts ist? Das hat so den Coolness-Faktor von einem Garten-Traktor“. Der Opener „Ist das noch Punkrock?“ zum Album ist ein rotzfrecher Abgesang auf die wilden Tage, die die meisten von uns hinter sich lassen, um mit der Freundin bei Ikea gemeinsam eine neue Küche auszusuchen, während man seine ehemaligen Saufkumpels in der Kneipe hinter sich lässt. Dominiert von Gitarren und temporeichen Schlagzeugrhythmen und schnellen Akkordwechseln, mischen sich nur da und dort ein paar Elektroeinflüsse oder Pianoklänge in die Arrangements. Standesgemäss gehören auch die ausgefeilten Backgroundgesänge mit vielen „Uuhs“ und „Aahs“ dazu, die den Songs an der richtigen Stelle etwas bewusst Süsses verleihen. Doch was die „beste Band der Welt“ auch auf diesem neusten Album auszeichnet, ist die Ironie. Und diese vermittelt das Trio nicht nur in seinen Texten („Bettmagnet“ – eine Erklärung, warum man im Schlafzimmer keinen Fernseher haben sollte), sondern auch in der Musik selbst. So proklamieren die Ärzte in „TCR“, sie würden sich um die Rockmusik kümmern, obwohl es natürlich unbedingt genau diese Stilrichtung sein müsste und prompt folgt der Refrain in einer Country-, Heavymetal-, Hillbilly- und in einer Reaggaeversion. Auch wenn die Band hier und dort sozialkritische Töne anschlägt („Das darfst Du“), bleibt sie meistens auf der spassigen Seite. So besingen sie in „Tamagotchi“ das gleichnamige Gerät, das irgendwann erwachsen wird und auf eigenen Füssen stehen möchte. In „M&F“ schlägt dann erst der Disco-Groove zu und im Refrain der Flamenco, während die Ärzte feststellen: „Männer und Fraun sind das nackte Grau’n, wenn sie sich stundenlang tief in die Augen schau’n und die Fraun andern Fraun ihre Männer klau’n und die Männer sowieso nur Häuser bau’n (hier war hörbar ein anderes Wort geplant, das vermutlich mit „Sch…“ beginnt).“ Farin Urlaub, Bela B. und Rod González sind nicht nur genaue Beobachter, sondern auch Geschichtenerzähler. In „Waldspaziergang mit Folgen“ schnitzen sie sich aus einem Stück Holz einen Gott und stellen ihn zu Hause ins Regal. Das kann natürlich nicht ohne Folgen bleiben. Nicht nur in diesem Song geht es weg vom Punk und eher hin zum Rock. Das gilt auch für weitere Songs wie „Miststück“ oder „Sohn der Leere“, ist aber keineswegs störend, sondern macht das Klangspektrum breiter und interessanter. In dieser Hinsicht herausragend gelungen ist auch „Cpt. Metal“, nach einem mittelalterlich klingenden Intro folgt eine brettharte Speedmetal-Hymne auf einen Superhelden, der die Welt vom Einheitsbrei aus Rihanna & Britney Spears retten soll. Dazu gehört natürlich auch ein richtig anständiges Gitarrensolo. Bei aller Härte der Riffs und Drums (Manowar lassen grüssen), bleibt stets ein kleines Augenzwinkern. Überhaupt ist der Abgang des Albums deutlich härter als sein Auftakt. Nur im lupfigen Closer „zeiDverschwÄndung“ kehrt noch einmal die Leichtigkeit der ersten Songs zurück. Aber wie. Mit der genüsslichen Zeile: „Hast Du nichts Besseres zu tun als die «die Ärzte» zu hör’n“ ist dann auch wieder mal klar, dass sich diese Band einfach nicht zu ernst nimmt.