DAVID BYRNE
American Utopia
Sony
hug. Also David Byrne in aller-allerhöchsten Ehren auf ewig, nur schon wegen den Talking Heads und weil er uns gezeigt hat, dass man eigentlich alles spielen kann, sogar Opern, und das sogar noch gut. Mit Byrne intellektuell zu sein, hat immer um ein X-Faches mehr Freude bereitet als mit Randy Newman und Elvis Costello zusammen. Und nun also «American Utopia», sein erstes Solo-Album seit 14 Jahren beziehungsweise sein erstes Album, auf dem er alleine den Ton angibt, nachdem er die letzten vier Alben in Kollaborationen eingespielt hat. Das eher Überraschende: Byrne ist nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, der Zyniker vom Dienst, sondern lenkt seine und unsere Aufmerksamkeit in der Flut betrüblicher regionaler Nachrichten und beängstigender globaler Umstände auf die guten Dinge dazwischen, die uns Hoffnung geben und uns zu dem machen, was wir gerne sind: gute Menschen. Tatsächlich schimmert in den zehn neuen Songs immer wieder die gleichermassen hinterhältige und betörende Kraft der alten Talking Heads durch, doch diese wird immer wieder aufs Neue eingefangen und in ein minimalistisches Korsett gezwängt, damit sie sich der Gesangsstimme unterordnet. Das mag zwar eine gangbare Idee sein, auf «American Utopia» funktioniert sie aber nicht. Einerseits weil Byrnes Gesang sich immer wieder in der Orientierungslosigkeit der Melodie und in Überlängen verliert – gekoppelt mit der gebändigten Musik, fallen dann die Songs relativ schnell in sich zusammen. Okay, nur so lange, bis sich der Sänger und seine Musiker wieder finden, aber zusammengefallen ist nun mal zusammengefallen. Zweitens, weil Byrne mit seinen 65 Jahren hörbar an die biologischen Grenzen seiner Gesangsmöglichkeiten stösst – und diese hin und wieder über die Massen ausreizt. Nicht, dass er krumm und schräg singen würde. Aber immer wieder liegt er hörbar just einen Tick daneben. Das ist anstrengend. Gut, man könnte umgekehrt sagen: Mit 65 ist das, was er da singt, sehr beachtlich. Das stimmt sogar. Aber das geht unter angesichts der nicht getroffenen Töne, die mehr nerven, als die getroffenen Töne erfreuen. Unter dem Strich ist «American Utopia» leider leider nicht überzeugend. Was uns allerdings nicht daran hindern soll, sein Konzert zu besuchen: Am 17. Juli spielt David Byrne live in Zürich.
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