
DAMON ALBARN
Dr Dee
EMI
hug. Zum Thema «Anything goes 2.0» war Damon Albarn schon ein eifriger Antworten-Lieferer, als er Blur verliess und die fabelhaften Gorillaz gründete. Die sind mittlerweile schon wieder Geschichte, dafür ist Albarns Schaffensdrang seither regelrecht entfesselt: In den nächsten Monaten werden mehrere Alben erscheinen, in denen der Engländer massgeblich mittut. Ende April erschien unter dem Bandnamen Rocket Juice & The Moon das Ergebnis einer Kollaboration mit Flea von den Red Hot Chili Peppers und dem Afro-Beat-Drumgott Tony Allen, das aber leider kaum mehr als Jamcharakter hatte (nebenbei für Kenner und Historiker: Dieser Tage ist auch das Album «Live In Detroit 1986» (Strut/Namskeio) von Fela Kuti selig erschienen). Jetzt kommt «Dr Dee», die Vertonung des Lebens des Universalgelehrten John Dee, der um 1600 Berater von Queen Elizabth I. war. Das heisst: Ein gefundenes Fressen für einen Kernreaktor wie Albarn: Gregorianische Choräle und Renaissance-Klassik kollidieren mit Westafrikanischer Musik, Orchester trifft auf Synthies, alles geht kreuz und quer durcheinander, ohne je den Eindruck eines einheitlichen Werks zu erwecken. Was die Tracks zusammenhält, ist John Dee: Als Universalgelehrter führte er alle damals möglichen Wissenschaften zusammen, Albarn tut dasselbe mit den heutigen und den damaligen Musikstilen. Das ist schwere Kost für die Hörer. Ist das auch brillant? Es ist zumindest gute Kunst. Und nach Albarns kolossal-grossartigen Auseinandersetzung mit der chinesische Oper unter dem Projektnamen Monkey eine konsequente Fortsetzung seines künstlerischen Schaffens.