Corrosion of Conformity – Passion vor Technik

Corrosion of Conformity
Passion vor Technik

Corrosion of Conformity haben mit ihrer Bandgeschichte den Spagat zwischen der Hardcore-Community und dem Metalpublikum geschafft und zusätzlich aus anderen Sparten wie dem Southern/Stoner Metal oder dem Hardrock eine ordentliche Menge an Fans dazugewonnen. Eigentlich hat kaum eine andere Band eine so weitverzweigte Fangemeinde und der Grund dafür ist ziemlich schnell gefunden: COC spielen schlicht und ergreifend so gute Musik, dass Genregrenzen einfach verschwinden. Den grossen Durchbruch schaffte die Band aus Raleigh (North Carolina) 1994 mit ihrem vierten Studioalbum „Deliverance“, das bis heute zusammen mit dem Nachfolger „Wiseblood“ zu den Favoriten ihrer Hörer gehört. 2005 erschien das bis dahin letzte Album der Pepper Keenan-Ära „In The Arms Of God“, einem düsteren Werk, in dem die Katrina-Katastrophe mitschwang, die Keenan in seiner Heimatstadt New Orleans nicht nur als Besitzer einer danach völlig zerstörten Bar miterleben musste.

Keenan war seit 1991 ebenfalls aktiv mit der Nola-Supergroup Down, kehrte 2015 jedoch wieder zu COC zurück, um ausgedehnt mit seinen alten Mitstreitern zu touren und sich für ein neues Album aufzuwärmen. Dass dieser Plan bestens aufging, zeigt sich mit ihrem neuen Album „No Cross No Crown“, das wiederum mit John Custer an den Reglern aufgenommen wurde und Mitte Januar 2018 erscheint. Zu diesem langersehnten Ereignis hat sich TRACKS mit Pepper Keenan zu einem Telefonat verabredet.

ip: Ihr hattet eine lange Pause, in der du mit Down beschäftigt warst. „No Cross No Crown“ ist das erste Album, das ihr wieder als Quartett aufgenommen habt. Ihr scheint als Band so gut zusammenzuarbeiten, dass die knapp zehn Jahre lange Pause überhaupt nicht hörbar ist. Wie schafft ihr das?

Pepper: Wir hatten genug Übung (lacht). Wir haben vor den Aufnahmen zum Album ziemlich viele Shows gespielt und das war ganz gut, um wieder zusammenzufinden.

Woody und du ergänzt euch perfekt in eurer Gitarrenarbeit. Was ist euer Geheimnis?

Ich glaube, einen grossen Teil davon haben wir unserem Produzenten John Custer zu verdanken. Er kennt uns beide sehr gut und versteht es, das Beste aus jedem von uns herauszuholen.

Was macht John Custer zu eurem Produzenten erster Wahl?

Wir kennen uns schon sehr lange. Er ist ein extrem talentierter Musiker und Songwriter. Wir geniessen es regelrecht, mit ihm zu arbeiten, weil er auch ganz genau weiss, wie er uns zu Höchstleistungen bringen kann.

Du konntest dich bei Down lange nur auf deine Gitarre fokussieren. Was hatte das für Auswirkungen darauf, dass du nach fast zehn Jahren zusätzlich wieder das Mikrophon bei COC übernommen hast?

Das ist schwierig zu sagen. Ich hatte ja vor Down auch schon beide Jobs und das hat sich jetzt einfach weiterentwickelt. Es sind musikalisch natürlich zwei verschiedene Tätgikeiten, aber das eine hilft dem anderen.

Spielst du lieber nur Gitarre, oder bevorzugst du die Kombi aus Gesang und Gitarre?

Spielen und singen gleichzeitig ist etwas anspruchsvoller. Dafür benötige ich mehr Übung. Nur Gitarre zu spielen ist natürlich einfacher, aber das fordert mich auch weniger.

„No Cross No Crown“ klingt ein bisschen weniger dramatisch als der Vorgänger „In The Arms Of God“, sondern eher erdiger und straighter nach „Wiseblood“ oder „Deliverance“. Habt ihr bei den Aufnahmen auf solche Dinge geachtet oder Wert gelegt?

Wir vergleichen dieses Album mit keinem anderen und es war auch nicht unsere Absicht, neue Songs aus Stücken unserer alten zusammenzubasteln. „No Cross No Crown“ ist einfach so auf natürlicher Ebene entstanden. Wir kontrollieren die Songs nicht, wir geben uns einfach dem Fluss hin. Das ist besser für das Resultat.

Einer meiner Favoriten auf „No Cross No Crown“ ist „Little Man“, weil er tatsächlich auch auf euer 2000er Album „America’s Volume Dealer“ gepasst hätte. Wie verbunden seid ihr noch mit eurem alten Material nach dieser langen Pause?

Ich werde fast bei jedem Interview danach gefragt, welcher denn mein Lieblingssong auf dem jeweils aktuellen Album ist. Was du über „Little Man“ sagst, stimmt, denn der Song geht tatsächlich in die Richtung von „Volume Dealer“. Wir hatten nicht vor, ihn anders klingen zu lassen, denn der Song ist, was er ist.

Ihr habt auch wieder kleine Intermezzi wie „Matre’s Diem“ oder „Sacred Isolation“ zwischen die Songs gepackt. Wer von euch hat die Ideen zu diesen kleinen Kostbarkeiten?

Das kommt meistens von mir. Ich mag diese kleinen Unterbrüche zwischen den Songs, sie fügen dem Album ein weiteres Element hinzu. Das habe ich ja auch auf früheren Platten schon gemacht.

Diese beiden Songs klingen im direkten Vergleich sehr unterschiedlich. „Sacred Isolation“ hat eine eher unheimliche, beklemmende Atmosphäre und „Matre’s Diem“ ist sehr zart. Sie geben der Platte eine jeweils komplett andere Dynamik.

Das ist Absicht. Ich finde nicht, dass ein Album von vorne bis hinten gleich klingen muss und der Hörer über die ganze Länge hinweg immer nur den gleichen Gitarrensound serviert bekommen sollte. Das finde ich ziemlich öde.

Das stimmt. Wenn du als Hörer konstant vollgedröhnt wirst, kann das schon abnützen.

Das verstehe ich voll und ganz, glaub mir (lacht).

Die Soli auf „Nothing Left To Say“ sind grossartig. Wie viele Takes habt ihr gebraucht?

Meinst du das eher sanftere Solo in der Mitte, oder das am Ende, wo wir völlig durchdrehen?

Beide!

Das weichere in der Mitte war in einem Take drin. Es sollte den Song interessanter machen, eine andere Atmosphäre dazugeben und ist aus diesem Grund auch ruhiger. Für das Solo am Ende des Songs hatte wir die Idee, dass es härter und aggressiver klingen sollte. Es ging mehr um die Leistung als um die Stimmung und da haben wir bei den Aufnahmen auch etwas mehr rumgespielt.

Wie hast du deine Stimme wieder auf Vordermann gebracht, um die Aufnahmen zu „No Cross No Crown“ zu überstehen?

Das war der Grund, warum wir so viele Liveshows gespielt haben. Wir wollten wissen, ob meine Stimme überhaupt noch mitmacht. Ich mache zusätzlich seit Jahren auch Aufwärmübungen. Aber ins Studio zu gehen war schon eine andere Hausnummer. Ich hatte seit zwölf Jahren keine Platte mehr eingesungen.

Habt ihr Pläne für eine Tour in Europa nächstes Jahr?

Bestimmt! Wir haben die Platte ja nicht aufgenommen, um damit irgendwo rumzusitzen. Ich glaube, es stehen schon ein paar Festivals im Kalender.

Du hast das Musikerdasein von deinem Vater geerbt, der ebenfalls Gitarrist ist. Habt ihr auch schon etwas zusammen gemacht?

Ja, das stimmt und nein, wir haben bisher noch nie zusammen gespielt. Wir haben schon darüber geredet, aber das noch nie umgesetzt.

Wie ist New Orleans zu deiner Heimatstadt geworden, wo du ursprünglich in Mississippi geboren wurdest?

Meine Eltern sind nach New Orleans gezogen, als ich noch sehr klein war.

Ach so, in dem Fall gab es von deiner Seite aus nicht viel Mitspracherecht.

Richtig. Ich war einfach plötzlich da (lacht).

Buddy Guy ist einer deiner favorisierten Gitarristen. Wie würdest du jemandem, der Buddy Guy nicht kennt, seine Vorzüge erklären?

Das ist einerseits seine Fähigkeit, die Noten auf seine ganz eigene Art zu spielen. Und andererseits holt er Emotionen aus der Gitarre heraus, wie ich das bei sonst niemandem je gesehen habe. Das ist nicht einfach. Es ist auch nicht einfach, das zu erklären. Aber du kannst es hören, wenn du ihm zuhörst. Er und Billy Gibbons sind in meinen Augen die beiden besten Gitarristen, die es gibt.

Du besitzt eine Bar namens „Le Bon Temps Roule“ in New Orleans. Arbeitest du da auch?

Ich bin kein Bartender, den Job machen andere aus meinem Team. Man trifft mich dort eher auf der anderen Seite der Theke, aber ich bin natürlich dafür verantwortlich, dass der Laden läuft.

Du bist auch ein Fan von schnellen Autos.

Ja, ich habe einen 1955er Chevy Iron Coffin Gasser.

Genau, der wurde in der amerikanischen TV-Sendung „Big Easy Motors“ aufgemotzt. Ist es bei euch erlaubt, damit auf den Strassen zu fahren?

Nein, die Dinger sind zu laut und zu wild für den normalen Strassenverkehr. Ich mach’s trotzdem.

Dann müsstest du also auf spezielle Rennstrecken damit?

Nö. Du musst nur aufpassen, dass dich die Polizei nicht erwischt (lacht).

Photos: (c) Dean Karr

Inga
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