CHLYKLASS Deitinge Nord

CHLYKLASS
Deitinge Nord
Chlyklass Records

Die Berner Rapcombo Chlyklass hatte es noch nie eilig, Alben zu veröffentlichen. Ihr Single-Platteneinstand erschien 2002, drei Jahre später kam das Debüt «Ke Summer», dann dauerte es weitere zehn Jahre bis zu «Wiso immer mir?», und jetzt also Album Nummer drei. Das ist wenig Ausbeute in 17 Jahren, erklärt sich aber durch die Zusammensetzung der Band: Chlyklass ist eine Art Supergroup des Berner Raps, hier sind PVP, Wurzel 5, Baze und Greis vereint. Das ist viel Gewicht. Und viel Erfolg: «Wiso immer mir?» schaffte es 2015 von Null auf Eins in die Charts, ein Jahr später erhielt die Combo den MTV Europe Music Award als bester Schweizer Act.

Und es ist auch viel Können: «Deitinge Nord» ist sauber und kräftig produziert, auch wenn man sich die Stimmen manchmal mehr im Vordergrund wünscht. Die Raps sind flüssig und eigenständig, und die Band bleibt ihrem Standard-Oldschool-Rap treu, was angesichts der aktuellen Mumble-Rap-Gedöns dann wieder sehr erfrischend ist. Natürlich reflektieren die Chlyklässler über ihr Leben in Bern und manchmal über die Welt und sich selber, man ist ja auch älter geworden. Aber ein viel zu grosser Teil der Texte dreht sich zusammengefasst um die Feststellung: Wir sind noch da und wir machen einfach unser Ding weiter. Das ist natürlich keine weltbewegende Erkenntnis, und entsprechend geht dem Album Relevanz und Biss verloren, was schade ist: Alte Kempen wie die Chlyklässer sind erfahren genug, um mehr zu bringen als «ich bin immer noch da» – auch wenn sie diesen Satz immer wieder ganz cool rüberbringen. Immerhin verzichten sie auf nostalgische Schwärmereien.

Für Rap-Fans ist «Deitinge Nord» also so oder so ein gutes Album. Ausserhalb der Szene wird es aber wohl kaum hohe Wellen schlagen.

Christian Hug

Christian
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Seit den Sex Pistols «into music», seit 2001 freier Journalist und Buchautor. Jahrelange Mitarbeit im «Music Scene», «Toaster», TagesAnzeiger - Ernst», «Style» und andere. Kein MP3-Freund.

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