BETH HART & JOE BONAMASSA Seesaw

BETH HART & JOE BONAMASSA Seesaw

BETH HART & JOE BONAMASSA

Seesaw

Provogue/Musikvertrieb

 

hh. Nach dem unter die Haut gehenden Debüt-Album des Duos und der Ankündigung eines Nachfolgewerks warteten wir gespannt auf den neuen Output. Wie nicht anders zu erwarten, hat Bonamassa-Intimus und inzwischen auch Beth Hart Spezi Kevin Shirley wieder auf dem Produzentensessel Platz genommen und sorgt einmal mehr für ein herausragendes Klangerlebnis. Überaus warm, transparent und mit dem nötigen Gefühl für die optimale Platzierung von Hart’s Stimme im gesamten Klangbild kommen die Songs aus den Boxen. Zudem hat er mal wieder gesangliche Höchstleistungen aus Beth Hart herausgekitzelt. Gleiches kann man hinsichtlich Sound von Bonmassa sagen, auch glänzt Shirley mit perfekter Produzentenarbeit. Er lässt das (auch hier) geniale Spiel des Gitarrenmeisters jeweils passend zu den Songs im richtigen Sound erstrahlen. Man kann zweifellos sagen, dass Kevin Shirley, Joe Bonamassa und Beth Hart ein perfekt harmonierendes und funktionierendes Dreigestirn sind, das in diesem Verbund zu echten Höchstleistungen aufläuft.

Im Vergleich zum Debütalbum „Don’t Explain“ kommt „Seesaw“ wesentlich souliger daher. Mit dem intensiven Einsatz von Bläsern und dem Gemisch aus Soul, Funk und Blues erinnert das Album streckenweise an die 60er Jahre Grosstaten der Ike & Tina Turner Revue. Dass mit „Nutbush City Limits“ ein Tina Turner Remake dabei ist, ist somit wohl nur eine logische Konsequenz. Beth Hart macht in diesem Song deutlich, dass sie gesanglich auf einer Stufe mit der jungen Tina steht, sowohl von Ausdruck, Power wie auch von der gesanglichen Klasse her gesehen.

11 Coversongs aus verschiedenen musikalischen Äras von Originalkünstlern wie Aretha Franklin, Etta James, Billie Holiday, Donnie Hathaway, Lucinda Williams, Buddy Miles, Tina Turner, Slackwax, Melody Gardot und Nina Simone haben es auf das Album geschafft, wobei jeder aus dem Dreigestirn seine Favoriten eingebracht hat. Das bunte Gemisch aus Big Band Sound, Blues, Rock, Funk und Louisina-Cajun bis hin zu einem französischen  Chanson mit authentischer Akkordeon-Untermalung erhält durch Hart’s Stimme den roten Faden, der durch das ganze Album leitet. Die beteiligten Musiker sind identisch mit der Besetzung des Debüt-Albums, also ausser Bonamassa und der Bläsersection sind das Anton Fig (drums, percussion), Carmine Rojas (bass), Blondie Chaplin (rhythm guitar, backing vocals and percussion) und Arlan Schierbaum (organ, piano). Und diese Jungs liefern einmal mehr ganz grosse Klasse, belegen in der Kategorie “Groove-Weltmeister”Top-Platzierungen. Über Joe Bonamassa’s Fähigkeiten als Gitarrist kann ohnehin nicht mehr diskutiert werden, er ist der Chef schlechthin und stellt hier wieder eindrücklich unter Beweis, dass er in allen Stilarten versiert ist. Bei aller Routine und Abgeklärtheit, die sich in seinem Spiel inzwischen bei den vielen Produktionen, an denen er beteiligt war/ist bemerkbar macht, bringt er doch immer seine eigene Persönlichkeit, sein ungeheuer grosses Gefühl für jeden Song (gleich welcher musikalische Couleur) ein – das Geheimnis seines Erfolgs und seiner Einzigartigkeit.

Hart und Bonamassa fühlen sich in diesem Sound zuhause, lassen grosse Emotionen zu und bilden das perfekte musikaische Paar. Die Vorstellung, dass die beiden mit der hier agierenden Band und dem Repertoire aus den beiden gemeinsamen Alben eine feste, auf Tour gehende Einheit bzw. Band wäre, die nicht nur einige wenige Promo-Gigs abliefert, käme dem Paradies sehr nahe. Aber dazu wird es auf Grund der eigenen, erfolgreichen Solokarrieren und den dichtgedrängten Terminplänen der beiden Protagonisten nicht kommen. So bleibt uns also nur die Tonkonserve, aber die hat es in sich und entschädigt voll aber nicht ganz für solches Wunschdenken. “Seesaw” ist ein Klassealbum von A-Z ohne Ausfälle, gehört definitive in jede Sammlung und hat immense Nachhaltigkeit. Die beiliegende “Making Of”-DVD mit Kommentaren der beteiligten Musiker zu jedem Song + 3 Studio Musikvideos macht das Paket komplett.

Hanns
About Hanns Hanneken 528 Articles
Hanns, der Gründer von TRACKS, ist der CH-Musikszene seit den 80er-Jahren als Produzent, Musiker und Redaktor eng verbunden. Er war jahrelang Chefredaktor des Schweizer Musikmagazins MUSIC SCENE, des deutschen Magazins MUSIK SZENE und arbeitete für u. a. MUSIK EXPRESS, METAL HAMMER.