JESSE FINK Die Brüder Young

JESSE FINK Die Brüder Young

JESSE FINK

Die Brüder Young

Hannibal Verlag

 

  1. Über die AC/DC-Köpfe gibt es inzwischen eine wahre Flut an Büchern und Biografien, darunter viele überflüssige, aber auch durchaus lesenswerte. Was allen diesen Büchern gemein ist, ist die Tatsache, dass sich die Brüder Angus und Malcolm Young einer direkten Mitarbeit ausnahmslos verweigerten. Da macht auch dieses Werk keine Ausnahme. Was „Die Brüder Young“ aber von all den anderen unterscheidet, ist die Art, wie Jesse Fink seine intensiven Recherchen aufs Papier bringt. Akribisch wühlt er sich durch Spekulationen, Gerüchte und hinterfragt viele sogenannte Tatsachen. Dabei lässt er eine ganze Armee von Menschen zu Worte kommen, die direkt am Erfolg von AC/DC beteiligt waren (und sind) oder zum engsten Umfeld der Young-Brüder gehörten.

Auch wenn Fink von Beginn an klarstellt, dass er ein Riesenfan der Band ist, rutscht er hier nicht ehrfuchtsvoll auf Knien vor seinen „Helden“ durch den Staub, sondern zeichnet ein realistisches Bild der AC/DC-Raubeine. Und das ist keineswegs schmeichelhaft und könnte auch mit dem Titel „Leichen pflastern ihren Weg“ (um einen alten Western-Titel zu bemühen) versehen werden. Besonders Malcolm Young, der absolute Chef der Band, erscheint hier als skrupelloser, nur auf sich und seinen Young-Clan fixierter Despot und Sturkopf, der viele seiner Wegbegleiter und Helfer auf dem Weg zur grössten Rockband der Welt über die Klinge springen lässt. Selbst Angus, nach aussen der Star der Band, hat sich seinem älteren Bruder untergeordnet, während George Young, der älteste der Brüder im Hintergrund die Fäden zieht. Aber Jesse Fink stellt die Geschwister dabei nie in ein wirklich schlechtes Licht und ist stets um Objektivität bemüht – was ihm auch bestens gelingt. Privat scheinen die Youngs sehr nette, gastfreundliche und hilfsbereite Menschen zu sein, die sich aber schon früh hinter hohe Mauern zurückzogen, die im Laufe der Karriere für Nicht-Clanmitglieder immer unüberwindbarer wurden. Dazu gehört eben auch die Tatsache, dass sich die Youngs jeglicher Mitarbeit an Biografien oder Filmprojekten komplett verweigern und auf entsprechende Anfragen noch nicht einmal reagieren – egal wer anfragt.

Das Buch liest sich wie ein Krimi, spannend, höchst unterhaltsam und bietet unglaublich viele Informationen, von denen viele selbst Hardcore-AC/DC-Kennern neu sein dürften. Und wenn Mark Evans, AC/DC-Bassist von 1975-1977 und Autor der Autobiografie „Dirty Deeds – Meine wilde Zeit mit AC/DC“ über „Die Brüder Young“ sagt: „Das beste Buch, das ich bislang über AC/DC gelesen habe“, können wir ihm nur zu 100% zustimmen. Ein klasse Werk – unentbehrlich für jeden Fan.

Hanns
About Hanns Hanneken 528 Articles
Hanns, der Gründer von TRACKS, ist der CH-Musikszene seit den 80er-Jahren als Produzent, Musiker und Redaktor eng verbunden. Er war jahrelang Chefredaktor des Schweizer Musikmagazins MUSIC SCENE, des deutschen Magazins MUSIK SZENE und arbeitete für u. a. MUSIK EXPRESS, METAL HAMMER.